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Interview mit Jörg Bös: "Der Blick über den Tellerrand ist unabdingbar"
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Anlässlich des im Januar bereits zum zweiten Mal bei Jacqueline und Frank Orth auf dem Leuchtfeuerhof stattfindenden Lehrganges zum Thema Funktionelle Anatomie befragten die beiden den Lehrgangsleiter Jörg Bös im Rahmen des nachfolgenden Interviews. Viele Reiter die ihn vor allem als Turnierrichter kennen bietet sich hier die Möglichkeit eine weitere Facette von ihm zu erleben.




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Wir haben gehört, dass Du ursprünglich einen anderen beruflichen Werdegang vor Augen hattest Jörg:

 

Ja, denn obwohl ich 1979 im Alter von 11 Jahren das erste Mal mit Pferden in Kontakt kam erlernte ich den Beruf des Bäckers. Während und nach meiner Lehrzeit verdiente ich mir nur nebenbei mit der Reiterei ein Zubrot.

 

Gab es durch Deine Eltern oder Deine Familie eine erbliche Vorbelastung im Hinblick auf die Liebe zu den Pferden?

 Nein, keineswegs.

 

Du hast Dich stets bemüht tiefe Einblicke in die Reiterszene zu erhalten und warst bei verschiedenen, zum Teil auch namhaften Reitern und Betrieben. Welche haben die tiefsten Spuren hinterlassen?

 Natürlich meine Zeit bei Hugo Simon in Weisenheim am Sand, ca. 10 km entfernt von eurem Leuchtfeuerhof in Ludwigshafen Ruchheim und auch jene auf dem Hofgut Adamstal bei Wiesbaden.

 

Mittlerweile betreibst Du mit Deiner Frau Evi selbst einen Reitbetrieb inklusive Pensionsstall?

 Ja, wir leben und arbeiten auf dem Gestüt Knapendorfer Hof in der Nähe von Limburg. Der Betrieb, der gerade umstrukturiert wird verfügt über eine Reithalle, Außenplätze, eine Führanlage, Weiden und bietet neben dem angeschlossenem Verein Pensionspferdehaltung und die Erteilung von Reitunterricht.  

 

Die meisten Reiter der Szene kennen Dich jedoch in erster Linie als Turnierrichter. Seit wann führst Du diese Tätigkeit aus?

 Seit nunmehr rund 8 Jahren.

 

Für welche Verbände richtest Du?

 Für die NRHA, die EWU und die FEI.

(Anmerkung der Redaktion NRHA = National Reining Horse Association, EWU = Erste Westernreiter Union, FEI = International Federation of Equestrian Sports)

 

Welche Veranstaltungen würdest Du für Dich als Richter als die bisherigen Höhepunkte benennen?

 Zum einen das Richten der Deutschen Meisterschaften der EWU/ FN und die der World Reining Trophy / NRHA.

 

Welche persönlichen Ziele verbindest Du mit Deiner Tätigkeit als Richter?

 Auch wenn es sich etwas einfach oder gar „platt“ anhört sehe ich als Ziel meiner Arbeit die Welt der Pferde im Sport zu verbessern.

 Im Rahmen Deiner richterlichern Tätigkeit bist Du vor allem im Westernreitsport aktiv. Doch kann weder Hugo Simon, noch das Gestüt Adamstal der Auslöser dafür gewesen sein,

 nein das kam erst viel später als mich eine Freundin, die zwei American Quarterhorse besaß, mich auf einen Ausritt einlud. Der Wunsch nach entspannenden Geländeritten brachte mich daher zur Westernreitweise.

 

Empfindest Du diesen Weg als typisch?

 Ob er als typisch bezeichnet werden kann weiß ich nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass die meisten erwachsenen Reiter – und solche die es werden möchten – mit dem Westernreiten diese Assoziation nach Freiheit und Zwanglosigkeit verbinden.

 

Vom Gefühl einmal abgesehen, welche generellen Unterschiede siehst Du aus fachlicher Sicht zwischen klassischer und Westernreitweise?

In den Zielen des Reiters, von der Disziplin abgesehen ist der klassisch orientierte Reiter eher auf der Suche nach dem Gleichgewicht der Pferd-/Reiterkombination und im Endziel der hohen Versammlung. Der Westernreiter legt mehr Augenmerk auf die Ausbildung des Tieres als Ranch-, hierzulande als Geländereitpferd.

Für beide Reitweisen wünsche ich mir zukünftig wieder mehr Sinn für das Wesentliche, nichts gegen ein hübsches Outfit des Reiters, aber das Endziel der Reiterei sollte Perfektion, Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Meine Frau hat mich vor kurzem mit einem Besuch der Wiener Hofreitschule überrascht. In der sogenannten Morgenarbeit, zu der abseits der Showvorführungen eingeladen wird habe ich diese unaufgeregte Ruhe gerade wieder bestaunen dürfen. Davon wünsche ich mir - zum Wohl der Pferde - mehr in der Reiterszene.

 

Kehren wir noch einmal speziell zur Westernreitweise zurück, welche Chancen und positiven Entwicklungsmöglichkeiten siehst Du im Hinblick auf diese Art der Reiterei?

 Wenn wir es schaffen das positive Gefühl, welches sich mit dieser Reitweise verbindet, mit einer Ausbildung im Hinblick auf die Langelebigkeit des Pferdes zu verknüpfen wird sich auch diese Sparte der Reiterei einen dauerhaften Platz bei uns erobern. Manchmal erfordert es jedoch Mut eine eigene Philosophie zu erarbeiten.

 

Kannst Du das näher erläutern?

 Das der Westernreitsport in Deutschland durchaus eine eigene Philosophie losgelöst vom Mutterland Amerika leisten darf und soll. Der Schritt dreijährigen Pferden die Teilnahme an Turnieren der EWU zu verweigern geht hierbei in die richtige Richtung.

 

Welche Gefahren gilt es Deiner Meinung nach für die Szene zu erkennen und zu umschiffen?

 Der Blick über den Tellerrand ist unabdingbar. Wir dürfen die Augen nicht vor der öffentlichen Meinung verschließen, vor allem nicht vor derjenigen der anderen Reiter. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass auf den Abreiteplätzen unserer der Turniere mehr Augenmerk auf den Umgang des Menschen untereinander im Allgemeinen und mit dem Tier Im Besonderen gelegt wird. Ansonsten laufen wir Gefahr diesen Sport in ein Licht getaucht zu sehen, wo er nicht hingehört und ein weiteres Publizieren dieser Sportart wird unnötig erschwert. Ansonsten ist es, wie immer im Leben, wichtig sich weiterzuentwickeln und sich nicht auf hohen Teilnehmerzahlen der Turniere auszuruhen, während die Publikumswirksamkeit nicht mehr die Magnetwirkung besitzt, die sie haben könnte.

 Auf welchem Stand siehst Du die Pferdezucht, die uns die Grundlage zur Ausübung des Sportes oder auch Auslebung des oben beschriebenen Lebensgefühles erlaubt?

 Wir erleben heute ein sehr hohes Niveau der Zuchtbemühungen in fast allen Disziplinen. Leider werden vielfach die Möglichkeiten der Gymnastizierung durch das Reitens unterschätzt. Kleinere Exterieurschwächen könnten bei richtiger Ausführung oft leicht ausgeglichen werden. 

 Auf welchen Grundlagen hast Du Dir Dein Wissen rund ums Pferd gebildet. Wir wissen, dass einer Deiner provokanten Leitsätze „Ein Leben sei nicht genug um reiten zu lernen“ lautet. Wo liegen Deine Wurzeln?

 Mein Wissen wächst nach wie vor, nicht selten muss ich erkennen, dass eine als sicher angenommene Erkenntnis neu überdacht werden muss. Auch vom Stadium des Perfekten Reitens bin ebenso weit entfernt wie viele andere. Dennoch, neben der Literatur ist „mein“ Reitlehrer Gerhard Weiß aus Wiesbaden nach wie vor prägend für mich. Seine 78 Lebensjahre stellen für mich eine stete Quelle für Rat und Tat dar. Einer seiner Leitsätze, der mir stets präsent sind lautet: Jeder Reaktion des Pferdes geht eine Aktion des Reiters voraus. Kurzum, man lernt eben nie aus.

 

Du hast Literatur erwähnt, welche Bücher sollte ein Reiter Deiner Meinung nach  unbedingt gelesen haben?

 Da fallen mir aus dem Stegreif zwei Werke ein, das „Gymnasium des Pferdes“ zum einen und „Finger in der Wunde“ zum anderen.

 Ein Buch gibt es von Dir zwar noch nicht, aber Du trittst wie hier bei uns auf dem Leuchtfeuerhof, mit Deinen Seminaren zum Thema „Funktionelle Anatomie“ in Erscheinung. Gab es dazu einen besonderen Anlass, eine Initialzündung?

 Ja die gab es in Form des Pferdes meiner Frau Eva, der siebenjährig lahmte ohne das nach einer Odyssee zu verschiedenen Tierärzten eine schlüssige Diagnose zustande kam. Das Pferd lief zuvor bis ins Derby-Finale der NRHA – bis es undifferenzierte Lahmheiten zeigte. Nach einer abendlichen Diskussion unter Freunden verband ich die Leitsätze der klassischen Reitweise mit dem, was das Pferd unter dem Sattel eben nicht zeigte. Wir begannen das Pferd in Anlehnung an diese Art der Reiterei zu arbeiten, die Lahmheit ist bis zum heutigen Tag verschwunden.

Ich stellte fest, dass viele Reiter mit den Zusammenhängen des Körperbaus eines Pferdes im Hinblick auf die geforderten Lektionen überfordert waren wie ich zu Beginn. Glücklicherweise ist das Interesse daran aber da, so kam ich zu diesen Seminaren, den ich wie hier bei Euch wieder aus einem theoretische und einem praktischen Teil zusammensetze.

 

Was soll der Teilnehmer aus diesem Zweitageskurs mitnehmen?

 Er soll eine Vorstellung physiologischer Zusammenhänge zwischen der Muskulatur und dem allgemeinen Körperbau erhalten und diese in Verbindung mit der geforderten Lektion bringen. Er soll sich die Ausbildungsskala in Erinnerung rufen und einen Denkanstoß zur Weiterbildung erhalten. Letztendlich wünsche ich mir mehr Verständnis für das Tier, mehr Respekt vor dem Lebewesen Pferd.

 

Wir haben uns die ganze Zeit über Reiter mit Erfahrungen in diesem Bereich unterhalten, was würdest Du denen empfehlen die das Reiten erst noch lernen möchten?

 Sie sollen sich einen kompetenten Partner, einen  Verein oder Reitbetrieb wenden, der sie fördernd, aber auch fordernd an das Pferd und die Zusammenhänge heranführt. Wichtigster Leitsatz für den Lernenden sollte das Motiv „Ich habe Zeit“ sein. Vertrauensvoller Umgang ist Voraussetzung und erlaubt es Höhen und Tiefen gemeinsam zu meistern. Langfristige Stärkung erfährt nur wer sich Problemen stellt und nicht einfach den Partner wechselt.

 

Wie findet der am Pferd interessierte Mensch einen solchen starken und leistungsfähigen Partner?

 Indem er sich bei Gleichgesinnten umhört beispielsweise, denn Mundpropaganda ist die beste Visitenkarte. Zusätzlich bieten sich die Kennzeichnungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung an, die einen Wegweiser darstellen.

Der Betrieb sollte über eine ausreichende Anzahl an Schulpferden verfügen und die Ausbilder sollten über menschliche und fachliche Qualitäten verfügen.

 Du hast die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) angesprochen, wie bewertest Du die dort angebotenen Ausbildungsgänge?

 Dort hat sich einiges getan, die neu strukturierten Abzeichen und Lehrgänge setzen Schritt für Schritt Ziele und vermitteln über den Lehrinhalt die nötigen theoretischen und praktischen Zusammenhänge, ganz im Sinn für ein besseres Verständnis über das Lebewesen Pferd.

 

Was wünschst Du Dir von den Reitern in Zukunft?

 Dass ein etwas in Vergessenheit geratener, zuweilen auch falsch interpretierter Begriff, Respekt, wieder mehr zum Tragen kommt. Respekt im Umgang des Menschen mit dem Pferd, Respekt im Umgang der Menschen untereinander, denn für mich bedeutet Reiten nicht nur einen Sport sondern beinhaltet eine Lebensphilosophie.

 

Wir bedanken uns für das Gespräch und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen bei uns auf dem Leuchtfeuerhof, Jacqueline und Frank Orth.

 


Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter,

z.B. Nico Hörmann, Grischa Ludwig oder Daniel Klein für den Bereich Reining.
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