Während in Europa
die Quarter Horse-Turniere sich gleichbleibend hoher Beliebtheit
erfreuen (mehr dazu hier),
kämpfen die Amerikaner seit Jahren mit sinkenden Starterzahlen.
Vor allem bei den Jugendlichen ließ das Interesse deutlich nach.
Auch bedingt durch die Wirtschaftskrise, musste die American Quarter
Horse Assn. (AQHA) so u.a. die Qualifikationsgrenzen für ihre
World Show senken, um das notwendige Starterfeld für ein solches
Turnier zu ermöglichen (mehr
dazu hier).
Zu einer der Maßnahmen, mit der die AQHA der sinkenden Nachfrage
begegnen will, gehört das Leveling Program, die Einführung von
Leistungsklassen.
Unter der Führung von AQHA Director of Shows Patti Carter-Pratt
aus Canada wurde das Leveling Program entwickelt, das sich sowohl
an dem Leistungsstand der Pferde wie der Reiter orientieren soll.
Klassen für Limited Riders sollen ebenso wie eine Klassifizierung
der Pferde in advanced, intermediate oder limited angeboten werden.
Nun
hat der Vorstand die Einführung der Leistungsklassen für
das Jahr 2013 angekündigt.
Insgesamt sechs Leistungsklassen soll es in Zukunft geben:
Rookie (als Einsteigerklasse,
auf Grundlage von AQHA-Punkten der Pferd-/Reiterkombination)
Novice (auf Grundlage
von AQHA-Punkten des Reiters)
Intermediate (auf
Grundlage von AQHA-Punkten des Reiters)
Green (auf Grundlage
von AQHA-Punkten des Pferdes)
Progressive (auf
Grundlage von AQHA-Punkten des Pferdes)
Open
Bereits in diesem Jahr
testete die AQHA die Durchführung von Rookie-Klassen in den
USA, diese Leistungsklasse steht den Showmanagern bereits ab 2012
in vollem Umfang zur Verfügung. Alle anderen neuen Leistungsklassen
sollen im kommenden Jahr auf Testshows in den USA probeweise durchgeführt
und analysiert werden, bevor diese ggfs. mit Änderungen weltweit
im Jahr 2013 eingeführt werden.
Auf den Show Management-Workshops in den USA will die AQHA in
den nächsten Monaten die Turnierveranstalter darauf vorbereiten.
Ob ein Update der Turniersoftware ebenfalls vorbereitet wurde,
ist bislang nicht bekannt.
Bereits ab 2012: Das sind die Bestimmungen für die
Rookie-Klassen
Rookie-Klassen sollen "echte" Einsteigerklassen sein,
die für Reiter gedacht sind, die noch nie auf Turnieren gestartet
sind und gibt es für die Open-, Amateur- und Youth-Division.
Rookie Halter-Klassen werden als all ages-Klassen ausgeschrieben
und können nicht class-in-class stattfinden. Grand Champions
gibt es in Rookie Halter nicht.
Weder das Pferd, noch der Reiter dürfen jeweils mehr als
zehn (10) AQHA-Punkte in einer Klasse jedwelcher Division erreicht
haben, um in dieser Klasse startberechtigt zu sein.
Wird diese Punktegrenze erreicht, sind Pferd bzw. Vorsteller sofort
nicht mehr startberechtigt und erhalten eine entsprechende Urkunde
von der AQHA, ähnlich der Urkunde für ein Register Of
Merit.
Rookie Halter-Klassen zähle
Beispiele:
Wer in W. Horsemanship sechs (6) Amateur-Punkte, zwei (2) Novice
Amateur-Punkte und drei (3) Youth-Punkte hat, kann nicht mehr
Rookie in W. Horsemanship starten.
Ein Pferd, das acht (8) Punkte in Open Reining und einen (1) in
Amateur Reining hat, kann in einer Rookie-Klasse in Reining starten.
Alle Rookie-Punkte zählen nur für die Rookie-Startberechtigung
und laufen in keine weiteren AQHA-Titel ein (Rookie of the Year
o.ä.)
AQHA:
Wem bringt das Leveling Program tatsächlich Vorteile?
Einerseits würde die AQHA damit dem Vorbild einiger anderer Verbände
in den USA und Europa folgen. Die NRHA USA führte bereits vor einigen
Jahren erfolgreich die Leistungklassen ein, und auch die National
Cutting Horse Association, die National Snaffle Bit Association
oder die National Reined Cow Horse Association haben diese.
In Europa ist die EWU vorreiter für die Einteilung von Turnierreitern
in Leistungsklassen.
Andererseits liegt in dem Grund, weshalb die AQHA im nächsten Jahr
Leistungsklassen einführen will, möglicherweise auch schon der Grundstein
für einen Misserfolg dieses Programms.
Denn der Quarter Horse-Verband sieht dieses Lietsungsklassensystem
vorrangig als Marketinginstrument, um Nicht-Startern den Einstieg
in das AQHA-Turniergeschehen schmackhafter zu machen und ihnen ein
Umfeld zu geben, in dem sie schneller individuelle Erfolge erzielen
können.
Diese Intention steht aber vollständig konträr zu der Voraussetzung,
daß eine feinere Unterteilung in unterschiedliche Leistungsniveaus
von Reitern zunächst einmal exorbitant große Starterfelder erfordert,
damit diese Einteilung sinnvoll wird.
Aber grade in Deutschland, immerhin das Land mit den größten Starterfeldern
auf AQHA-Shows in Europa, erfüllen nur sehr wenige Turniere diese
Voraussetzung, mit derart vollen Klassen aufwarten zu können, daß
die Einteilung in Levels einen Vorteil für die Teilnehmer tatsächlich
Vorteile udn nicht nur Nachteile bringen würde.
Dazu würden sicherlich die Bavarian Summer Show in Kreuth oder die
Q in Aachen gehören, aber auch nicht in allen Klassen. Ein Blick
auf die klassischen Volumenklassen zeigt: Eine Novice Amateur W.
Pleasure mit 13 Startern auf der Bavarian Summer Show muss nicht
mit Levels zwangsläufig kleiner geteilt werden, und 16 Starter in
der Youth Horsemanship sind auch noch praktikabel.
Für die meisten Turniere würde die Einfühung von Levels aber bedeuten,
daß aus ohnehin schon kleinen Klassen mit z.T. weniger als 10 Startern
noch deutlich kleinere Klassen würden.
Und bereits jetzt kannibalisieren die Novice-Klassen die Amateur-
und Jugendklassen spürbar.
Eine vorschnelle Einführung von AQHA-Leistungsklassen in Europa
würde mit nicht zu unterschätzenden Effekten einhergehen:
- Eine Teilung von Klassen bedeutet auch eine Reduzierung der erreichbaren
AQHA-Punkte, damit ggfs. mehr Aufwand zum Erreichen von High Point-Titeln
oder AQHA-Titeln wie ROM etc. und weniger Incentive Fund-Einnahmen.
- Für die Turnierorganisation bedeuten Levels erhöhten Zeit- und
Kostenaufwand (Vorbereitung, Levelprüfung, Schleifen, Pokale etc.),
ohne zu erwartende Mehreinnahmen durch mehr Starter
- Die Errechnung und Honorierung von Jahrendendwertungen (High Points
etc.) wird für den Verband zeit- und kostenaufwendiger, weil mehr
Titel zu erreiten sind
Daher besteht das nicht unerhebliche Risiko, daß mit einer Einführung
von AQHA Levels in Deutschland und Europa der Quarter Horse-Sport
eben nicht wie gewünscht attraktiver wird, sondern das Gegenteil
eintritt und sich Quarter Horse-Reiter nach Alternativen umsehen,
weil sie ihre individuellen Ziele nicht mehr auf AQHA-Turnieren
erreichen können.
Einer der größten Konkurrenten des AQHA-Sports ist bereits seit
einigen Jahren die EWU, auf deren Turnieren bereits jetzt schon
zweieinhalb mal mehr Quarter Horses an den Start gehen als im AQHA-Sport.
Zudem sind die Leistungsklassen der EWU tatsächlich gut gefüllt:
Wer bspw. auf dem AQ-Turnier in Nümbrecht in der LK1/2 in der Junior
Pleasure starten wollte, hatte acht Reiter in der Klasse, in der
LK 1/2 Senior W. Pleasure waren es zehn.
Zum Vergleich: Die AQHA Open W. Pleasure hatte sechs Starter - insgesamt.
Daher ist man in Deutschland gut beraten, sich mit den teils mit
sehr heißer Nadel gestrickten Lösungen der AQHA kritisch auseinander
zu setzen und im Zweifel nicht alles zu adaptieren, von dem die
Amerikaner glauben, daß es ihre Probleme löst.
Viel mehr noch: Mit nunmehr fünf deutschen AQHA-Direktoren in den
USA und noch viel mehr aus ganz Europa könnten Europäer die sich
für AQHA-Regeln einsetzen, die auf das europäische Turniergeschehen
besser abgestimmt wären und den europäischen Startern wirkliche
Vorteile bringen würden.