"Steigende Bestandszahlen von American Quarter Horses" - das ist
der Titel eines Artikels im aktuellen Vereinsorgan der DQHA, dem
Quarter Horse Journal. Es könnnten "mehr Geburten als Todesfälle
verzeichnet werden", heisst es dort, die Zahl der Quarter Horses
in Deutschland sei im vergangenen Jahr "um 566 Tiere auf insgesamt
36.373 Pferde" angestiegen.
Das sei eine "weiterhin positive Entwicklung", die "deutsche Zucht
behauptet sich weiterhin sehr stark" und "sei auf dem Vormarsch",
so die Schlußfolgerung (mehr
dazu hier) - diese Interpretation könnte indes vollkommen
falsch sein, denn in Wirklichkeit weiß niemand genau, wieviele
Quarter Horses in Deutschland tatsächlich leben.
Grundlage für diese Jubelmeldung im Quarter Horse-Journal ist
die einzige Größe im Jahresbericht der AQHA, die nicht
wie Neueintragungen oder Besitzwechsel belegbar ist, da die AQHA
die Quarter Horse-Bestandszahlen lediglich schätzt
anhand der Differenz der Vorjahres-Population zu den Neueintragungen
(Registrations), den Transfers (Besitzwechseln) sowie den (systembedingten)
Abgängen. Da aber Todesfälle von Quarter Horses so gut wie gar nicht gemeldet werden, ist die Bestandszahl nicht aussagekräftig.
Anders gesagt - wieviel Quarter Horses nun tatsächlich in
Deutschland leben, und ob es nun mehr oder weniger sind als im
Vorjahr, kann niemand beantworten.
Dabei konnte man ausgerechnet von QHJ-Chefredakteurin Friederike
Fritz im Editorial des Vormonats lernen:
Zahlen und Diagramme seien oft "zweifelhafter Herkunft", die "bei
genauerem Hinsehen nicht haltbar seien" und nur "angeblich" Rückläufe
zeigen würden. Man solle lieber "Lächeln" und "das Positive" sehen!
Wir sollten mehr "sein wie die Amerikaner", ruft Chefredakteurin
Friederike Fritz ihre Leser auf, diese seien doch immer "positiv"
und würden nie "öffentlich über Krisen sprechen" - für eine
"Journalistin" (Selbstbeschreibung) eine bemerkenswerte Auffassung
ihrer publizistischen Arbeit.
Aber um journalistische Arbeit geht es wohl auch nicht, sonst
hätte die Chefredakteurin beim "Aufwärtstrend der Quarter
Horses" selber mal genauer hingesehen, und der wesentliche
Unterschied zwischen Pressearbeit (Public Relations)
und Journalismus ist, daß PR eben keine unabhängige Berichterstattung
ist. Da sind sich die beiden Vereine ADAC und DQHA und ihre Mitgliedermagazine sehr ähnlich - ADAC motorwelt und Quarter Horse Journal sind Verbandsorgane und
eben keine Zeitungen.
Dennoch, oder gerade deshalb, erscheint es ein besonders zynisch,
vor der lesenden - und dafür zahlenden! - Quarter Horse-Züchterschaft
in ihrem eigenen Verbandsmagazin mit der aktuellen Entwicklung
der Quarter Horse-Zucht nicht analytisch und offen und ehrlich
umzugehen, sondern ein Minus von über 22% eines Fohlenjahrgangs
als ein "Gesundschrumpfen" zugunsten besserer Qualität zu präsentieren.
Probleme? Iwo denn!
Kritik? Alles Schlechtrederei!
So einfach und stereotyp kann Verbands- und Pressearbeit sein!
Natürlich würde eine ehrliche Analyse die notwendigen Voraussetzungen
für die Entwicklung von den versprochenen "guten Programmen für
Zucht und Sport" (Pressetext DQHA) schaffen. Bei der DQHA und
dem Quarter Horse Journal ist man aber offensichtlich der Auffassung,
daß ein "Lächeln am Telefon" dafür reichen wird.
Einer der größten Fehler ist, seiner eigenen PR-Maschinerie zu
glauben, und im permanentem "Das Glas ist halb voll"-Modus
übersieht, daß die Wasserquelle dringend Hilfe benötigt,
damit sie nicht vollends versiegt.
Aber angesichts
des seit Jahren gepflegten, besonderen Umgangs der DQHA mit der
Realität verwundert es niemanden. dass man auf die regelmäßig
und mantra-artig verkündeten Lösungen und "guten Programme"
(!) nun seit Jahren wartet.
Kennen Sie noch das Jungzüchterprogramm? Oder Star Program?
Regional Power Program? Professional Horsemen? DQHA-Schnuppermitgliedschaft?
Genau.
Übrigens: 33 anwesende Mitglieder von über 6.600 zahlenden
Mitgliedern (und QHJ-Abonnenten!) auf der diesjährigen DQHA-Jahreshauptversammlung
sind auch ein Statement, worüber an mehr Orten "gelächelt" wird,
als man in Aschaffenburg vermuten mag.
Diese Graphik zeigt die rechnerische Nettoentwicklung der Quarter
Horse-Population in Deutschland von 2002 - 2013.
Für die DQHA zeigt sie "einen bemerkenswerten Aufstieg" -
und was erkennen Sie?
Diese Graphik zeigt die Quarter Horse-Eintragungen der letzten
Jahre.
Für die DQHA zeigt sie: "Hierzulande existiert seit vielen Jahren
eine florierende Zucht" -
und was erkennen Sie?
Diese Graphik zeigt die rechnerischen Abgangszahlen der letzten
Jahre, die sich in den letzten vier Jahren nahezu verdoppelt haben.
Für die DQHA zeigt sie eine "weiterhin positive Entwicklung" -
und was erkennen Sie?