Nachdem in der Westernhorse 5/04 auf unseren Seiten ein Bericht über das anläßlich der Jahreshauptversammlung stattfindende Pferderechtseminar abgedruckt war, wurde in der aktuellen Westernhorse von Herrn Grothe die Frage gestellt, ob man als Verwender von Musterverträgen in einem Rechtsstreit als Unternehmer eingestuft würde. Da die letzten Tage mehrere Mitglieder anfragten, ob nun die Verwendung von Musterverträgen generell abzulehnen sei oder nicht, möchte ich versuchen zur Klarstellung einiges beizutragen.
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Verbraucher bleibt Verbraucher
Vollkommen richtig ist, daß die Verwendung von Musterverträgen einen Verbraucher in keinem Fall zu einem Unternehmer werden läßt. Da das BGB mehr oder weniger genaue Definitionen darüber, wer Unternehmer und wer Verbraucher ist, vorgibt, ist es vollkommen logisch, daß die Verwendung von bestimmten Verträgen hierauf keinen Einfluß haben kann. Wer Verbraucher ist gemäß § 13 BGB bleibt selbstverständlich auch bei Verwendung eines Musterkaufvertrages ein Verbraucher, da kann auch ein Richter nicht aus (wenngleich die Erfahrung lehrt, dass bei Verwendung eines „Unternehmer-Kaufvertrags“ vor allem bei Personen, bei denen nicht so klar ist, ob sie schon Unternehmer sind oder nicht, man erst mal über die im Vertrag aufgeführten Bezeichnungen hinwegkommen muß). Problematisch ist die Verwendung von Musterkaufverträgen nicht aufgrund der Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs (liegt vor, wenn ein Unternehmer an einen Verbraucher verkauft), sondern aufgrund der nun in das BGB integrierten Regelungen über die Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 ff BGB), die bereits vor der Schuldrechtsreform im AGBG normiert waren, also eigentlich keine Neuerung darstellen.
Was sind Allgemeine Geschäftsbedingungen?
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Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluß des Vertrages stellt. Daß Musterkaufverträge, egal ob aus einer Zeitschrift, oder von der Homepage eines Rechtsanwalts heruntergeladen, bei denen die einzelnen vertraglichen Regelungen nicht ausgehandelt wurden, allgemeine Geschäftsbedingungen, AGBs genannt, darstellen, dürfte jedem klar sein. Im übrigen gilt dies auch für individuell von einem Anwalt gefertigte Verträge, die der Verwender mehrmals für Verkäufe benutzt, ohne daß die einzelnen Punkte jedesmal aufs neue ausgehandelt werden. Ja sogar eigene Vertragsmuster, die zur mehrmaligen Verwendung (ca. 3-4 mal) bestimmt sind, können als AGBs angesehen werden.
Probleme bei der Verwendung von AGBs
Bei der Verwendung von AGBs unterliegt jedoch der Verwender einigen Einschränkungen, denen ein Verbraucher bei einem explizit und individuell ausgehandeltem Vertrag nicht ausgesetzt ist. So ist z.B. der Schadensersatzausschluß auch bei grober Fahrlässigkeit unzulässig, und bei Verkäufen einer neuen Sache ist der völlige Gewährleistungsausschluß unzulässig und die Verjährung kann nur auf ein Jahr reduziert werden. Da es sich bei Pferdeverkäufen wohl in den meisten Fällen um „gebrauchte Sachen“ handelt (ob die Rechtsprechung z.B. Absetzer als „neue Sachen“ klassifiziert, bleibt abzuwarten, ist m.E. aber eher unwahrscheinlich), ist vor allem die Einschränkung der Ausschlußmöglichkeiten von Schadensersatzansprüchen ein Punkt, den man nicht vergessen sollte. Insoweit sind die Restriktionen im Anwendungsbereich der AGB-Regelungen zwar geringer als die Schranken, die einem Unternehmer bei einem Verbrauchsgüterkauf gesetzt sind, und daher nicht ganz vergleichbar, jedoch sind diese nicht wegzudiskutieren und vor allem bei Verkäufen von neuen Sachen nicht unerheblich. Ein weiteres Problem, das ich persönlich sehe, ist, daß viele Privatleute, die AGBs verwenden, diese unbesehen übernehmen oder was manchmal noch schlimmer ist, versuchen, sie ihren individuellen Bedürfnissen anzupassen und dabei Fehler begehen, die durchaus zu rechtlichen Konsequenzen führen. Vor allem als Zivilrichter am Amtsgericht habe ich mehrmals die Erfahrung gemacht, daß die Verwender von AGBs gar nicht wußten, welche Folgen unzulässige Vertragsklauseln für sie haben können, nämlich dass unter Umständen die strengen gesetzlichen Regelungen gelten, die man eigentlich ausschließen oder beschränken wollte.
Musterkaufverträge ja oder nein ?
Nichts desto trotz bin ich eher ein Freund der Verwendung von Musterkaufverträgen, wenn der Verwender diese mit Hirn und Verstand benutzt, und die oben angesprochenen Punkte sollen auch nicht die Musterkaufverträge verteufeln, sondern vielmehr das Bewußtsein schärfen, dass ein Muster kein Allheilmittel ist und dass vor allem nach der Verschärfung der Gewährleistungsvorschriften durch Wegfall der Viehkaufvorschriften beim Pferdekauf nicht zu sorglos mit der Haftungssituation umgegangen werden sollte. Es ist allemal besser, einen Vertrag zu benutzen, der von Juristen, wie bei den FN-Verträgen, ausgearbeitet wurde, als sich durch einen schlechten selbstgebastelten Vertrag einem viel höheren Haftungsrisiko auszusetzen. Vor allem für Privatleute, die nur einige mal in ihrem Leben ein Pferd verkaufen, ist dies die kostengünstigste und einfachste Lösung. Einem gewerblichen Verkäufer oder Züchter würde ich, da er darüber hinaus den Verbraucherschutzvorschriften unterliegt, zur Erstellung eines individuell angepaßten, auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Vertrags raten, wenn er nicht ohnehin schon geschäftsgewandt genug ist.
Also ich hoffe, ich habe jetzt bezüglich der Problematik Musterkaufverträge alle Unklarheiten (oder Klarheiten?) beseitigt und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Euer Roland Schrodt
PS: Wer hierzu noch allgemeine Fragen hat, kann mich gerne anrufen.