Warendorf
(fn-press). Die nationalen Listen der im Training und Wettkampf
verbotenen Substanzen bleiben weiterhin gültig und werden
nicht den internationalen Listen des Weltverbandes FEI angeglichen.
Diese Entscheidung traf am 16. September der Beirat Sport der
Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) einstimmig.
Der Weltverband FEI
fordert seit 2012 von allen 132 Mitgliedsverbänden, die FEI-Verbotsliste
(Equine Prohibited Substances List, EPSL) auch für den nationalen
Turniersport zu übernehmen. Bis auf Deutschland, Frankreich
und USA sind bislang alle nationalen Föderationen dem Auftrag
der FEI gefolgt. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung, konkret
ihr Beirat Sport, beschloss im Dezember 2013 eine erneute Überprüfung
ihrer aktuellen Verbotslisten, die in den Anti-Doping- und Medikamentenkontrollregeln
(ADMR) zusammengefasst sind. Im Kern sollte überlegt werden,
ob die Angleichung der Listen befürwortet werden kann. Sowohl
die FN als auch die FEI differenzieren in ihren Listen zwischen
Doping und verbotener Medikation, haben jedoch eine andere Systematik
und enthalten zum Teil andere Substanzen und Nachweisgrenzen.
Die Mitglieds- und
Anschlussverbände im Beirat Sport haben sich mit ihren Tierärzten
und Fachgremien seit einem Dreivierteljahr beraten. FN-Präsident
Breido Graf zu Rantzau erläuterte: „In der heutigen
Sitzung des Beirats Sports wurde die komplexe Thematik der Listenangleichung
sehr gründlich erörtert. Es zeigte sich, dass die tiermedizinischen,
pharmakologischen und rechtlichen Aspekte weiterer Diskussion
bedürfen. Deshalb wurde entschieden, die Anpassung der nationalen
Medikationsregeln an die FEI-Liste vorerst nicht vorzunehmen.“
Der Beirat Sport beschloss,
eine Arbeitsgruppe mit der weiteren Prüfung der Argumente
für und gegen die Listenanpassung zu beauftragen.
Tierärzte
appellieren an Deutsche Reiterliche Vereinigung:
Keine Herabstufung der Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln
an den FEI-Standard
Während sich der amerikanische Reiningverband NRHA erst vor kurzem
gegen die Anpassung seiner Doping- und Medikationsregeln
an den FEI-Standard entschieden hat und damit eine weltweite kontroverse
Diskussion ausgelöst hat (mehr
dazu hier), warnt jetzt der Bundesverband Praktizierender
Tierärzte die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) davor, ihrerseits
die gültigen Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln (ADMR)
auf das FEI-Niveau zu senken.
Wie das Journalistenbüro animal-health-online meldet, beabsichtigt
die FN, in Kürze ihre ADMR den weniger restriktiven Vorschriften
der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) anzupassen.
Das sei inakzeptabel, weil dadurch "Gesundheit und Wohlbefinden
der im Wettkampfsport eingesetzten Pferde beeinträchtigt" und
"krankheitsbedingte Leistungsschwächen und Schäden ebenso unbeachtet
wie notwendige Zeiten der Rekonvaleszenz" blieben durch die Möglichkeit
der Anwendung bislang verbotener Substanzen bzw. nicht mehr einzuhaltender
Karenzzeiten (mehr
dazu hier).
In einem persönlichen Schreiben an FN-Präsident Breido Graf zu
Rantzau appelliere Präsident des Bundesverbandes Praktizierender
Tierärzte (bpt), Dr. Hans-Joachim Götz, persönlich dafür Sorge
zu tragen, dass auf eine Herabstufung der ADMR in Anpassung an
die FEI-Vorschriften verzichtet werde. „Ob die FN vor diesem Hintergrund
wirklich ihre ADMR an die FEI-Regeln anpassen und so in Verruf
geraten will, sollte sie sich gut überlegen“, betone Götz und
verweise darauf, dass dies auch im Zuge einer zunehmend kritischen
gesellschaftspolitischen Diskussion um Doping im Leistungssport
äußerst kontraproduktiv wäre, schreibt aho weiter.
Dieser Appell des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte macht
sehr eindrücklich darauf aufmerksam, auf welcher Flughöhe sich
die Diskussion im Reiningsport eigentlich befindet. Während die
NRHA USA sich seit 2005
im Rahmen ihres "Medication Programs" nicht imstande sieht,
auf ihren Turnieren das Doping- und Medikationslevel der FEI durchzusetzen,
wird die FN nun von Veterinärmedizinern gewarnt, ihre Regeln auf
diesen Level herabzustufen.
Was eine Dopingdiskussion anrichten kann, hat die FN bereits vor
einigen Jahren erfahren. Nach positiven Dopingtests bei den Springreiten
bei den Olympischen Spielen 2004 und 2008 (mehr
dazu hier) klagte der Hannoveraner Zuchtverband über gesunkene
Kauflust: "Hobbyreiter überlegen sich, ob das noch der richtige
Sport ist", zitierte der SPIEGEL in einem großen Bericht (mehr
dazu hier).
Während aktuell die Vielseitigkeits- und Distanzreiter aufgrund
von Todesfällen und leistungssteigerndem Doping in der öffentlichen
Kritik stehen, ist eher die Medikation Auslöser für die Diskussionen
im Reiningsport, denn vor allem der Einsatz von Phenylbutazone
(Bute) steht im Vordergrund. NRHA Million Dollar Rider Todd Sommer
argumentiert daher mit dem Wohl vor allem der jüngeren Pferde
bei seinem Engagement gegen strengere Regeln in der NRHA USA:
"Grade wenn die Pferde lange Strecken von 1.000 Meilen hinter
sich haben und oft für Wochen auf hartem Boden stehen, haben sie
Beschwerden am Rücken und in der Muskulatur, möchten wir ihnen
etwas geben können, womit sie sich wohler fühlen auf der Show",
meint Sommers (mehr
dazu hier).
Ältere Pferde könnten durchaus auf solche Medikationen verzichten,
erläutert Sommer weiter, denn "nur die älteren Pferde seien solide
genug, um auch ohne Medikation einen 75er Score oder besser zu
laufen". Ironischerweise haben die Amerikaner erst vor wenigen
Tagen auf den Weltreiterspielen im französischen Caen diese Argumentation
sehr ausdrucksvoll untermauert, als sie bislang ungeschlagen die
Mannschaftswertung mit dem höchsten jemals erzielten Score für
sich entscheiden wie auch alle drei Einzelmedallien gewannen (mehr
dazu hier).
Damit wird aber offenbar, daß die eigentliche Ursache für die
Kontroversen bei Doping und Medikation nicht allein im Reining-
oder NRHA-Sport zu suchen ist, sondern vielmehr systemimmanent
im Westernreitsport selber liegt. Anders als die klassischen Reitsportdisziplinen
orientiert sich der Westernsport nicht an der Entwicklung von
Pferd und Reiter, denn die Anforderungen, egal in welcher Klasse,
sind für junge Juniorpferde genauso hoch wie die für die älteren
Seniorpferde.
Solange also die - exemplarisch genannten - Reiningpattern für
ein dreijähriges Pferd identisch sind mit dem des Seniorpferdes,
so lange müssen diese jungen Pferde wohl medikamentiert werden,
um die - zumindest in den USA herrschenden - Anforderungen erfüllen
zu können, folgt man der Argumentation der Amerikaner. Das gleiche
gilt für Pleasure-, Trail oder W. Ridingpferde, die als achtjähriges
Seniorpferd dasselbe machen sollen wie als dreijähriges Juniorpferd,
und ein paar Wechsel oder Trailstangen weniger in einer Green-Klasse
sind da kaum nennenswert.
Zuende gedacht ließe sich das Problem wohl nur durch eine umfassende,
vertikal aufgebaute Umstrukturierung des Westernreitsports lösen,
die sich mit ihren Anforderungen an dem Alter und der Entwicklung
der Pferde (und Reiter) orientiert.
Allerdings - ist das in dem fast ausschließlich von "Zucht"-Verbänden
organisiertem und von Futuritys geprägtem Westernreitsport überhaupt
gewünscht?