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Interview mit Reining-Botschafter Steffen Breug
"Die Leistung des Pferdes zum richtigen Zeitpunkt abzurufen, das ist die Kunst
"
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Steffen Breug ist einer der vier von der Ersten Westernreiter Union Deutschland (EWU) ernannten „Reining-Botschafter WEG“ zu den Weltreiterspielen 2006 in Aachen.

Der 42-jährige Rheinland-Pfälzer aus Reichweiler reitet im Westernsattel schon seit den frühen 70er Jahren, Profi-Trainer ist er seit 1992. Nicht zuletzt mit dem Quarter-Hengst Mercury Starlight macht er sich berechtigte Hoffnungen, 2006 die deutschen Farben zu vertreten.

 Steffen, was ist Dein bisher nach eigener Einschätzung größter Erfolg?

 Steffen Breug: Ganz klar mein dritter Platz in 2005 in der Einzelwertung bei den FEI-Masters in Manerbio/Italien auf Mercury Starlight.

 



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Gerade erst hat die FN-anerkannte Deutsche Meisterschaft stattgefunden. Welchen Stellenwert hat dieser Wettbewerb?

 

Steffen Breug: Die Deutsche Meisterschaft in der Reining unter dem Dach der Deutschen Reiterlichen Vereinigung hat einen sehr großen Stellenwert. Hier reiten die Besten des ganzen Landes. Diese DM ist was ganz Besonderes. Zumal, wenn Sie so gut wie geschehen von der EWU präsentiert wird. Man sollte allerdings darüber nachdenken, beim Semifinale und beim Finale fünf Richter scoren zu lassen.

 

Ins Finale dieser DM hast Du es aber nicht geschafft. Vor dem Halbfinal-Ritt sprachst Du davon, einen 72er Ritt anzustreben und so in den Endlauf einzuziehen. Was ist passiert?

Steffen Breug: Schon richtig, das Finale hatte ich mir fest vorgenommen. Eigentlich hatte ich auch die Hoffnung auf Gold oder Silber. Aber ganz ehrlich: Ich habe mich ein bisschen verzockt, nicht diesen hohen Score erwartet, der dann für den Finaleinzug benötigt wurde. Und ein kleiner Fehler hat dann letztlich den Ausschlag gegeben, dass ich im Halbfinale hängen blieb. Mit einem 72er-Score, also dann 216 Punkten, hätte es ja doch auch gereicht. Am Ende hat mir ein Punkt gefehlt.

 

Waren Deine Träume vom Titel berechtigt?

 

Steffen Breug: Träumen ist ja immer erlaubt. Aber vor allem konnte ich mit Mercury Starlight im Vorfeld der DM in Bad Salzuflen sehr konstant punkten. Die zwei CRI`s (Concours de Reining International) in Leipzig und Kreuth gewann ich, bei den beiden anderen CRI`s wurde ich Fünfter und Sechster. Im World Reining Masters Finale habe ich die Bronze-Medaille gewonnen.

 

Lagst Du damit im Plan?

 

Steffen Breug: Ja. Als Profi muss ich ein Reining-Pferd sehr gezielt einsetzen. Ich hatte in diesem Jahr für mich und Mercury Starlight drei große Turniere geplant. Das war die Europameisterschaft, die Deutsche Meisterschaft und das World Reining Masters. Drei große Starts also, die restlichen Shows wollte ich sachter angehen.

 

Was bedeutet dass, „sachter angehen“?

 

Steffen Breug: Einen guten Reiner kann ich nicht jedes Mal auf Sieg reiten. Mein Ziel ist es, Pferde bei Laune zu halten, nicht um jeden Preis jedes Turnier gewinnen zu wollen und stattdessen mit einem Pferd langfristig Erfolg zu haben. Also reite ich jeweils auf einen Ziel-Score hin – und nicht auf eine Platzierung.

 

Geht das denn wirklich so punktgenau, einen Reiner auf Score zu reiten?

 

Steffen Breug: Natürlich nicht auf eine exakte Punktzahl hin. Da passiert immer etwas. Aber als Messlatte, ja: das geht. Entscheidend aber ist, wie sich das Pferd im Moment des Starts anfühlt. Wenn ich die Arena betrete, dann spüre ich genau, was heute gehen kann – und dann erst fällt endgültig die Entscheidung über die Taktik.

 

Worin liegt denn der Unterschied zwischen „sachtem Scorereiten“ und dem Angriff auf den Highscore?

 

Steffen Breug: Zunächst mal: Mit Stress kann sowieso keine Höchstleistung gebracht werden. Eine Anspannung, die ist natürlich bei Pferd und Reiter da, aber Stress darf nicht sein. Und klar muss auch sein, wenn ich Turniere auf höchstem Niveau gewinnen will: es braucht ein Pferd, dass in allen Manövern punkten kann.

 

Wenn ich aber mit einem Reiner stets volles Risiko gehe, dann werden diese Pferde insofern schlau, dass sie immer ihr Bestes geben wollen. Ein Pferd denkt nicht über die Folgen nach. Und die sind, dass sich so vorgestellte Pferde selbst unter Druck setzen und dann in der Prüfung Stress haben. Wer also Erfolg haben will, muss seine Pferde richtig präpariert haben und auch easy reiten können. Ein Pferd das ganze Jahr auf dem höchsten Level zu halten, das geht nicht. Die Leistung dann zum gewünschten richtigen Zeitpunkt abzurufen, ist Kunst. Und das auch deshalb, weil das eine von Pferd zu Pferd und von Ritt zu Ritt ganz individuelle Geschichte ist.

 

Nehmen wir als Beispiel Mercury Starlight, was ist er für ein Pferd?

 

Steffen Breug: Mercury ist ein sehr ehrliches Pferd. Er hat viel Herz und gibt alles für Dich. Zugleich nimmt der Fuchs nicht viel vorweg. Ihn muss ich vor allem `nur` entspannt halten und nicht zu viel schon vor einem Start aufdrehen.

 

Von den Manövern her kann er in jedem Bereich ein Plus von 0,5 holen, das wäre dann ein Score von 74. Und in großen, breiten Hallen kann Mercury im Zirkel auf Plus 1 kommen. Denn seine größte Stärke ist, dass er viel Stil hat – sprich eine flache, gute Galoppade und Wechsel, die er sauber von hinten nach vorne durchspringt.

 

Bitte auch ein paar Infos zur Herkunft von Mercury Starlight?

 

Steffen Breug: Mercury Starlight ist sieben Jahre alt – sein Vater ist Grays Starlight. Der Hengst hat bisher schon über 35.000 Euro gewonnen und steht in diesem Jahr in der Weltrangliste so an vierter oder fünfter Stelle. Als Dreijähriger wurde er von Todd Bergen in der Futurity in den USA vorgestellt, wurde dort 11. Danach wurde nur wenig auf Non-Pro-Ebene geshowt, ehe ihn die Breug Partnership im vergangenen Dezember kaufte und nach Deutschland holte.

 

Ist ein Traum von Dir, in Aachen 2006 für Deutschland an den Start zu gehen?

Steffen Breug: Ganz klar ja. Es ist mein Traum und mein Ziel. Bei einer WM als Aktiver die Hymne zu hören, Wahnsinn. Und so ein Traum muss doch da sein, sonst wüsste man ja gar nicht, wofür man kämpft.

 

Ist eine WM im eigenen Land noch mal eine Steigerung dazu?

 

Steffen Breug: Eine WM im eigenen Land ist etwas ganz Besonderes. Wir haben gute Zuschauer in Deutschland – und die können Dich wie auch in anderen Sportarten so pushen, dass man noch mehr aus sich und dem Pferd herausholt. Zugleich darf man aber nicht übermotiviert sein. Es ist wichtig, nicht das Gefühl für das Pferd zu verlieren, wie es sich genau jetzt anfühlt – unabhängig vom Trubel rundherum. Sonst geht es in die Hose.

 

Und welche Chancen wird Deutschland bei der WM haben?

 

Steffen Breug: Logischerweise ist die Konkurrenz dort nicht zu toppen. Ziel muss immer Gold sein. Realistisch ist für uns ein Kampf um Bronze. Im direkten Duell mit Italien, auch Österreich darf nicht vergessen werden. USA und Kanada stehen im Normalfall top an der Spitze. 2002 wurden wir in Jerez hinter Italien Vierter, bei der Europameisterschaft wurden wir hinter Italien und vor Österreich Zweiter.

 

Wie muss denn für die Mannschaftswertung ein Team aufgestellt werden: Lieber Risiko oder die Pferde mit sicheren, aber vielleicht nicht ganz in die Topebene führenden Scores?

 

Steffen Breug: Das wichtigste ist, ein gutes Team zu haben, das zusammenpasst. Es ist schon ein anderes Gefühl und eine andere Verantwortung, für sein Land zu reiten als nur für sich. Wenn es nach mir ginge, würde ich4
zwei Toppferde und zwei sichere Reiner aufstellen, die etwa immer solide 72 laufen. Die Topscorer brauche ich, um taktieren zu können, also wenn es eng wird, mit vollem Risiko noch mal angreifen zu können. Ich bin mir sicher, dass auch die USA mit einer solchen Mischung auftauchen wird.

 

Du sprachst eben davon, dass man nicht übermotiviert sein darf. Sicherlich auch nicht nervös, oder?

 

Steffen Breug: Ein Start für Deutschland ist eine große Ehre, aber: Nervös sein geht nicht. Dann hält man die Belastung nicht aus. Ein Kitzel gehört natürlich dazu, aber mehr nicht. Wer im Sport und speziell im Reitsport vorne mitmischen will, kann nicht nervös sein. Denn das würde sich auf das Pferd übertragen. Ich glaube schon, von mir behaupten zu dürfen: Ich bin nervenstark und belastbar. Zumindest habe ich das schon einige Male bewiesen.

 

Pferde langfristig showen zu wollen – das hast Du eben als Dein Ziel beschrieben. Ist dann die derzeitige Entwicklung der Reining – zumindest in Deutschland – in Deinem Sinne. Dass also die Deutsche Meisterschaft und die FEI-Wettbewerbe mit Pferden ab sechs Jahren aufwärts ausgetragen werden?

 

Steffen Breug: Das ist eine gute Sache, viel Wert auf die älteren Pferde zu legen. Ich habe selbst mehr Kundschaft für vierjährige und ältere Pferde als für dreijährige Futurity-Pferde. Natürlich muss der Pferdebesitzer wissen, was er will. Ich bin kein Freund davon, zweijährige Pferde zu früh zu starten.

 

Die Du dann aber bei entsprechendem Angebot doch ins Trainings nehmen würdest?

 

Steffen Breug: Ich möchte es so formulieren: Die Futurity ist eine gute Sache, sie wird es wohl immer geben und sie wird durch ihre hohen Gewinnsummen immer einen hohen Stellenwert haben. Und ich kann mich als Profi-Trainer dem Markt nicht verschließen – sonst kann ich schnell hohe Ansprüche, aber keine Aufträge bzw. Kunden mehr haben.

 

Und wenn wir Trainer ehrlich sind: Wir alle haben uns einen Namen gemacht auf Pferden, die in den USA früh gearbeitet wurden.

 

Ich bin aber sehr froh über die Entwicklung, dass die Shows für ältere Pferde immer wichtiger werden. Wichtig ist, dass wir den Amerikanern nicht alles blind nachmachen. Wir müssen für unsere Zucht das Beste machen und diese gut vermarkten. Das Denken pro den älteren Pferden ist im Ansatz da, daran muss aber weiter gearbeitet werden. Ich stehe dahinter. Entscheidend aber ist, die Besitzer, unsere Kundschaft, noch stärker auf diesen Weg zu bringen.

 

Jeder oder zumindest fast jeder Westernreiter will früher oder später reinen. Deine Tipps für einen Einsteiger lauten?

 

Steffen Breug: Reining geht für einen Einsteiger nicht gleich mit einem Ferrari. Die Kombination Reiter und Pferd muss passen. Einfach ein Siegerpferd kaufen und meinen, damit als Einsteiger auch zu gewinnen, das klappt nicht. Man muss schon ein bisschen reiten können und ein Gefühl für die verschiedenen Manöver haben.

 

Also sollte ein Einsteiger ein solides Pferd finden, dass zu den reiterlichen Fähigkeiten passt. Die Aufgabe von uns Trainern ist es dann, diese Leute auf den richtigen Weg zu bringen und dort zu begleiten.

 

Ist also ein Reining-Pferd für den Einsteiger auch entsprechend billiger?

 

Steffen Breug: Ein zuverlässiges 71er-Pferd ist keinesfalls billiger als ein Pferd, dass mal eine 73 scoren kann, aber nicht zuverlässig die 70er Grenze erreicht.

 

Und wie teuer ist so ein zuverlässiges 71er-Reining-Pferd?

 

Steffen Breug: Ready to show würde ich – bei allen möglichen Abweichungen – so von 30.000 Euro ausgehen.

 

Ist ja nicht gerade wenig?

 

Steffen Breug: Klar. Aber ein 71er Score ist auch schon eine tolle Marke, mit der man viele Prüfungen gewinnen wird. Gehe ich mit meinen Ansprüchen runter, wird es natürlich auch billiger. Gleichzeitig gilt aber auch: Die teuren Pferde sind nicht immer die Besseren.

 

Warum finden sich in der Spitze der Reining-Szene fast nur noch Quarter Horses wieder?

 

Steffen Breug: Quarter sind schlicht die geeignetesten Pferde für Reining. Da gibt es keine andere Rasse, die dagegen mithalten kann. Paints und Appaloosas etwa haben das Problem, dass dort zu viel Farb- statt Leistungszucht stattgefunden hat. Irgendwann ist dann das letzte Quäntchen Rittigkeit für den großen Spitzensport verloren gegangen. Dass soll aber zugleich nicht heißen, dass man nicht auch mit anderen Pferden als Quarter sehr viel Spaß am Westernreiten und bis zu einem gewissen Grad auch an der Reining hat.

 

Was ist Dein Traumpferd?

 

Steffen Breug: Natürlich eins aus meiner eigenen Zucht. Ich bin ein Anhänger der Cowhorse-Linie, also Vererber wie Grays Starlight, Peppys San Badger oder Doc O Lena. Ich selbst habe die Hengste Lena Cielo – ein „Rooster“-Sohn, also von Gallo Del Cielo – sowie Peppy San Especial, Dragon Jack und Mercury Starlight auf Station. Lena Cielo`s Vater ist ein Vollbruder von Grays Starlight, der wiederum Vater von Mercury Starlight ist.

 

Und welche Bedeutung hat in der Zucht die Stute?

 

Steffen Breug: Zu einer erfolgreichen Zucht gehört eine gute Mutter. Beide Seiten müssen gut sein. Zudem prägt die Mutter das Fohlen, das ist gerade für den Charakter sehr wichtig. Und der Charakter schlägt sich auf die Leistung nieder. Ist der Charakter nicht stark, kann auch keine Spitzen-Leistung abgerufen werden. Ich selbst habe übrigens 15 Zuchtstuten.

 

Lieber Steffen, wir danken Dir für dieses ausführliche und interessante Gespräch. Und wünschen Dir und Deinen Pferden alles Gute und drücken die Daumen, dass es mit einer Nominierung für Deutschland zur WM in Aachen klappt.

 

Das Interview führte Jörg Brückner

 

Einen Überblick und die wichtigsten Erfolge der Kaderreiter finden Sie hier.

 

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Quelle wittelsbuerger.com

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