Dr.agr. Dr.agr. habil. Ines von Butler-Wemken ist
Expertin für für den Bereich Vererbung/Genetik im wittelsbuerger.com-Expertenforum. Dorthin
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Haarwurzel beweist Abstammung In der Tierzucht erfolgte die Abstammungsprüfung
über viele Jahrzehnte mit einer Blutgruppenuntersuchung. Dies war und ist züchterisch
wichtig, denn gerade zur Selektion der Zuchttiere muss die Abstammung stimmen.
Bei der Blutgruppenuntersuchung wurde ein Ausschlußprinzip genutzt. Die mögliche
Vaterschaft konnte immer sicher ausgeschlossen, nicht aber positiv bewiesen werden.
Heute reicht dagegen schon eine Haarwurzelprobe aus, um die Abstammung eines Tieres
zweifelsfrei aufzudecken. Molekulargenetische Methoden haben die herkömmliche
Blutgruppenuntersuchung bei allen Tierzuchtorganisationen abgelöst. Seit gut 20
Jahren kann Erbmaterial aus allen kernhaltigen Zellen gewonnen, vervielfältigt
und im gefrorenen Zustand gelagert werden. Neben Blut werden so auch Haarwurzeln,
Haut- oder Spermaproben verwandt. Beim Pferd zum Beispiel reichen schon wenige
Mähnen- oder Schweifhaare mit Wurzeln aus. Aus den Gewebeproben wird die Erbsubstanz
dann mit festgelegten Verfahren abgetrennt und das tierindividuelle genetische
Muster aufgedeckt. In den meisten Labors wird dies zur Zeit noch mit der DNA-Mikrosatellitenanalyse
durchgeführt. Ein weiteres, neues Verfahren wird mit SNP-Analyse (SNP für Single
Nucleotide Polymorphismus) bezeichnet. Mikrosatelliten sind winzige Abschnitte
in der Erbsubstanz. Dort ist das Erbmaterial in Wiederholungsreihen angelegt.
Betrachtet man mehrere Mikrosatelliten gleichzeitig, wovon es tausende gibt, so
kann man zeigen, dass sich die Anzahl der Wiederholungen und Kettenlängen hier
für jedes Tier ganz individuell aus den Vater- und Mutterinformationen zusammensetzen.
Mit speziellen Geräten werden Längenmessungen an mehreren Mikrosatelliten gleichzeitig
durchgeführt. So wird der genetische Code festgestellt und mit den Elterninformationen
verglichen. Bei dem SNP-Verfahren, das international vor drei Jahren praxisreif
wurde, werden keine Längenmessungen, sondern direkte chemische Untersuchungen
an festgelegten Stellen in der Erbsubstanz durchgeführt, die Ergebnisse mit einem
Zahlensystem kodiert und dann auf digitale Auswertungssysteme übertragen. Es eignet
sich besonders zur Untersuchung großer Tierzahlen und zur internationalen Datenübertragung.
Hohe Testsicherheit auch für das Westernpferd Mit den genetischen
Ergebnissen, die wir beim Menschen auch unter der Bezeichnung "genetischer Fingerabdruck"
kennen, kann bei der Abstammungsprüfung eine sehr hohe Testsicherheit erreicht
werden, die in der Praxis nahezu 99 Prozent beträgt. Viele Pferdezuchtorganisationen
testen heute schon alle Nachkommen bevor Zuchtbescheinigungen ausgegeben werden.
Hierzu muss aber zunächst der genetische Code von allen eingesetzten Zuchthengsten
und Zuchtstuten erfasst werden. Als einer der ersten Pferdezuchtverbände hat die
AQHA die genetische Registrierung für das Quarter Horse eingeführt und auch im
Zuchtverband der Appaloosas, dem ApHC, werden bis 2009 neben den Zuchthengsten
alle Mutterstuten mit ihrem genetischen Code registriert. Bei der American Paint
Horse Association erfolgt die genetische Erfassung der Zuchthengste, doch die
Einführung einer Datenbank auch für American Paint Horse Mutterstuten wird hier
zur Zeit intensiv diskutiert. Mit der genetischen Kontrolle können Zweifel und
Fehler bei der Abstammung von vornherein ausgeschaltet werden. Die Tests kosten
um 30 Euro, für die Registrierung des genetischen Informationen fallen weitere
Kosten an. Neue Analysemethoden reduzieren die Kosten ganz erheblich, weil sie
sich noch besser automatisieren lassen. In den großen US Labors werden die Proben,
auch für die Tierzucht, weitgehend schon von Robotern aufgearbeitet. Ergebnisse
für Zuchtpferde können dann gespeichert und bei Bedarf immer wieder abgerufen
werden. So wird es dann auch möglich, nicht nur die Eltern eines Tieres, sondern
auch die Identität eines Tieres selbst aufzuspüren, vorausgesetzt, der genetische
Code wurde bereits in der Datenbank festgehalten. Bei freier Herdenhaltung kann
dann zum Beispiel auch die Abstammung aller Tiere genau festgestellt werden.
Weitere
Einsatzgebiete für die Pferdezucht Die Molekulargenetik ermöglicht weitere
Erkenntnisse. So werden bereits genetische Verwandtschaften zwischen Rassen und
Linien innerhalb Rassen analysiert. In größeren Forschungsprojekten werden Verbindungen
zu Gesundheits- und Leistungsmerkmalen gesucht und Erbfehler aufgedeckt. Der große
praktische Vorteil liegt heute aber schon in der eindeutigen Herkunftssicherung.
Unabhängig von allen anderen Informationen kann die Identität eines Tieres an
kleinsten Gewebeproben bereits zweifelsfrei festgestellt, festgehalten und vor
allem auch überprüft werden.
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