|
Ähnliches mit Ähnlichem heilen
Nach der Ähnlichkeitsregel wählt man diejenigen
Mittel aus den Repertorien aus, die möglichst
ähnliche Symptome bei Gesunden hervorrufen.
Hierzu ist eine exakte Fallaufnahme
des jeweiligen Tieres (oder auch Menschen)
erforderlich, denn es müssen auch die Änderungen
der Befi ndlichkeit auf psychischer und
physischer Ebene mit berücksichtigt werden.
Die Modalitäten beschreiben beispielsweise wie
sich die Beschwerden äußern und unter welchen
Umständen sie sich verbessern oder verschlechtern
(Wärme – Kälte, Tag – Nacht, Ruhe
– Bewegung etc.).
Manchmal ist es auch sinnvoll, Pferde nach ihrem
Konstitutionstyp zu behandeln. Die Konstitution
beschreibt seine angeborene Verfassung
sowohl geistig als auch körperlich. Ebenso spielt
es eine Rolle, wie ein Lebewesen auf bestimmte
Einfl üsse reagiert. Hier sind Faktoren wir Sensibilität,
Aggressivität oder Nervosität, um nur
einige Beispiele zu nennen, zu berücksichtigen.
Zu Konsitutionsmitteln greift man, wenn Krankheiten
sehr unspezifi sch und schwer einzuordnen
sind.
Neben der Auswahl des richtigen Mittels ist
auch die Potenzierung ein entscheidender
Faktor für die erfolgreiche Behandlung. Unter
Potenzierung versteht man das Verdünnen
oder Verreiben des jeweiligen Arzneimittelausgangsstoffes
in mehreren Schritten. Nach jedem
Verdünnungsvorgang wird das Mittel mit der
Trägersubstanz wie Alkohol, Wasser oder Milchzucker
verschüttelt oder verrieben. Hierdurch
verringert sich mit zunehmender Potenzierung
der nachweisbare Anteil des Arzneimittelausgangsstoffes.
Ab einer Potenz von D23 ist chemisch
kein Molekül des Ausgangstoffes mehr
nachzuweisen. Diese Tatsache bestärkt Kritiker
darin, dass die Homöopathie nur über den Placeboeffekt
wirkt. Die Befürworter dieser Therapieform
hingegen erklären die Wirkungsweise
hingegen damit, dass auf den Trägerstoff die
Information des Arzneimittels übergegangen
ist. Je höher die Potenz, das heißt, je stärker verdünnt
das Mittel ist, desto wirksamer soll das
Mittel sogar sein. Dies scheint im Widerspruch
zu stehen mit den natürlichen Gesetzmäßigkeiten,
dennoch belegen unzählige Heilungserfolge,
dass eine entsprechende Wirkung vorhanden
ist. Von einem Placeboeffekt kann bei
Tieren außerdem kaum ausgegangen werden,
weil ihnen nicht bewusst ist, dass sie ein Arzneimittel
verabreicht bekommen und welche
Wirkung man sich davon erwartet. Aus eigener
Erfahrung jedoch kann der Pferdebesitzer aber
– in der Regel unbewusst – viele Informationen
auf das Pferd übertragen, so dass ein ähnlicher
Effekt immer mit einbezogen werden muss. Dies
gilt aber für jede Therapieform.
Der Einfl uss der Potenz
Man entscheidet verschiedene Potenzen, die mit
einem Buchstaben und einer Zahl gekennzeichnet
sind. Die Buchstaben D, C, LM oder Q sagen
aus, in welchem Verhältnis das Arzneimittel verdünnt
worden ist. D bedeutet „Dezimal“, das
Verdünnungsverhältnis ist 1:10. Ein Teil Arzneimittel
wurde dabei mit zehn Teilen Wasser oder
Alkohol verschüttelt. Daraus entsteht die Potenz
D1. Wie häufi g nun der Vorgang (die Verdünnung
wird dann wieder im Verhältnis 1:10 weiterverdünnt)
durchgeführt wird, besagt die Zahl
hinter dem Buchstaben. Eine Potenz von D6
ist also sechs mal im Verhältnis 1:10 verdünnt
worden. Hierbei handelt es sich um so genannte
Niedrigpotenzen. Der Buchstabe C steht für
eine Verdünnung von 1:100, LM oder Q für eine
Potenzierung von 1:50000. Ab einer Potenz von
D30 spricht man von Hochpotenzen.
Niedrige Potenzen bis etwa D12 wirken insbesondere
direkt auf Organe und Organsysteme und werden meist bei akuten Erkrankungen
verabreicht. Mittlere Potenzen (bis D30) kommen
bei subakuten Erkrankungen zum Einsatz.
Hochpotenzen wirken deutlich stärker auf die
Psyche und werden vermehrt bei chronischen
Erkrankungen bevorzugt.
Die Häufi gkeit, mit der das Mittel verabreicht
wird, ist ebenfalls nicht außer Acht zu lassen.
Während Niedrigpotenzen in der Regel zwei bis
dreimal täglich – in akuten Fällen auch alle halbe
Stunde – gegeben werden, ist die Gabe einer
Hochpotenz einmal wöchentlich oder gar insgesamt
nur eine einmalige Gabe ausreichend. Eine
Gabe besteht bei tiefen und mittleren Potenzen
aus zehn bis 15 Globuli oder Tropfen. Bei hohen
Potenzen werden etwa fünf bis zehn Globuli
oder Tropfen verabreicht.
Homöopathika gibt es in den unterschiedlichsten
Darreichungsformen. Am bekanntesten sind
Globuli, das sind Streukügelchen aus Milchzucker,
die mit dem Arzneistoff besprüht werden.
Erhältlich sind auch Dilutionen (Tropfen auf
Alkoholbasis), Tabletten, Injektionen, Tinkturen
und Salben.
Bei der Homöopathie kann es zu einer Erstverschlimmerung
der Symptome kommen, die
aber als gutes Zeichen angesehen wird. Diese
verraten nämlich, dass man das richtige Mittel
gewählt hat. Allerdings geht man davon aus,
dass es sich um die falsche Potenz handelt,
wenn sich die Symptome verschlimmern. Der
Wechsel zu einer höheren Potenz desselben
Mittels ist dann angezeigt. Wenn sich jedoch
Modalitäten ändern, muss der Homöopath ein
neues Mittel suchen. So kann eine Behandlung
auch aus mehreren homöopathischen Mitteln in
einer bestimmten Reihenfolge bestehen. Deshalb
muss der homöopathische Behandler den
Krankheitsverlauf exakt beobachten und die
Therapie anpassen.
Dies klingt sehr kompliziert und setzt eine Menge
Erfahrung des Behandlers voraus. Viele Pferdebesitzer
experimentieren häufi g selbst mit
homöopathischen Mitteln, haben aber meist
nicht den gewünschten Erfolg. Das hat damit
zu tun, dass der Fundus an möglichen Mitteln
enorm groß ist und es deshalb auch nicht einfach
ist, das richtige Mittel in der passenden
Potenz auszuwählen.
Bewährte Standardmittel
Trotzdem gibt es viele Standardmittel, die sich
bei bestimmten Erkrankungen bewährt haben.
Bei akuten Verletzungen und Wunden ist Arnica
montana (Bergwohlverleih) das Mittel der Wahl.
Arnica hilft auch bei Muskelkater, allerdings
sollte man hier zu einer Hochpotenz (C200)
greifen. Es schadet darum nicht, Arnica in verschiedenen
Potenzen in der Stallapotheke zu
haben. Selbstverständlich ersetzen homöopathische
Mittel nicht die notwendige Versorgung
durch den Tierarzt, wenn größere Wunden oder
Verletzungen behandelt werden müssen.
Bei Insektenstichen und anderen Entzündungen
(die als Symptomatik einen stechenden Schmerz
aufweisen) hat sich Apis mellifi ca D6 als ideales
Mittel bewährt. Viele Pferde leiden unter
der Insektenplage im Sommer. Die Tendenz zur
Übersensibilisierung und damit zur Allergie auf
Insektenstiche ist deutlich gegeben. Die Auswirkungen
sind starke Reaktionen auf Insektenstichen,
die sich in Ödemen oder Allergien äußern.
Hier kann Apis eine gute Hilfe darstellen.
Bei Hauterkrankungen sind Sulfur C30 (Schwefel),
Graphites D12 (Reißblei), Zincum metallicum
D30 (Metallisches Zink) und Silicea D12
(Kieselerde) die Mittel der Wahl. Ekzeme, Hautentzündungen
und Abszesse können hiermit gut
behandelt werden. Dabei darf man allerdings
nicht die Ursache einer Erkrankung vergessen.
Das Sommerekzem beispielsweise darf man
nicht als abgegrenzte Hauterkrankung sehen.
Das Ekzem an sich ist lediglich die Auswirkung.
Es handelt sich hierbei vielmehr um ein Stoffwechselproblem.
Die Haut ist wie die Leber,
die Niere, der Darm und die Lunge ein Entgiftungsorgan.
Wenn ein Organ überlastet ist,
müssen andere Organe (die Haut) die Arbeit mitübernehmen.
Dadurch kommt es auch hier zur
Überforderung, was sich in Schuppenbildung (=
gestörte Entgiftung) bis hin zum chronischen
Ekzem auswirken kann. Deshalb kann bei Ekzemen
die Gabe eines passenden Leber- oder Nierenmittels
möglicherweise sinnvoller sein.
Zur Behandlung der Leber eignen sich Flor de
Piedra D12, Taraxacum D12 und Carduus marianum
D12. Gute Nierenmittel sind beispielsweise
Berberis D12 und Solidago D12.
Viele Pferde leiden unter arthritischen Veränderungen.
Mittel wie die Teufelskralle (Harpagophytum
procumbens D6) und Hekla lava D6
(Lavagestein) haben sich bei diesen Leiden bewährt.
Hilfe für den Magen-Darm-Trakt – also beispielsweise
bei kolikanfälligen Pferden – bringt
hingegen Nux vomica D6 (Brechnuss) oder Ipecacuanha
D6 (Brechwurz).
Da es Vielen sehr schwer fällt, das passende
Mittel zu fi nden und zuzuordnen, gibt es auch
so genannte Komplexmittel, bei denen mehrere
homöopathische Arzneimittel gemischt werden.
Sie sind besonders hilfreich bei unspezifi schen
Beschwerdebildern. Manche Homöopathen lehnen
Komplexmittel allerdings grundsätzlich ab.
Es ist ihnen wichtig zu wissen, welches Mittel
wirkt, was man bei der Gabe von mehreren Einzelmitteln
zugleich oder eines Komplexmittels
nicht wissen kann.
Die Homöopathie kann zwar als alleinige Therapie
bei bestimmten Krankheitsbildern eingesetzt
werden, ist aber als Ergänzung zu schulmedizinischen
Maßnahmen oder anderen Therapieformen
noch viel wertvoller. Da homöopathische
Mittel den Selbstheilungsprozess fördern, kann
eine schnellere Genesung herbeigeführt werden.
Als Unterstützung zu weiteren Therapiemaßnahmen
ist die Homöopathie eine perfekte
Ergänzung.
Quelle:
Renate Ettl
für westernreiter (EWU)
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter, z.B.
Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht. Zum
wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.
|