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Serie Starting Colts (4)
Zielorientierte Bodenarbeit als Vorbereitung zum Anreiten
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„Colt Starter“, so nannte man in den USA die Personen, die fast ausschließlich für das Einreiten von Jungpferden zuständig waren. Oft verstand man unter „Colt Starting“ das schnelle Einreiten von Pferden, bis es aufgibt und nicht mehr buckelt. Die Methoden dabei waren oftmals alles andere als pferdeschonend, und der Job wurde nicht selten von ehemaligen Rodeoreitern übernommen – ein Vorgehen mit Konzept und Rücksichtnahme auf die Psyche des jungen Pferdes war dabei sehr selten. Damals war das Einreiten etwas für mutige Mannsbilder, und die Arbeit sollte meist in wenigen Tagen erledigt sein. Bodenarbeit war ein Fremdwort und nichts für „harte Männer“.

Die Zeiten haben sich geändert und – Gott sei Dank – herrscht bei uns ein anderes Bewusstsein, was den Umgang mit Pferden betrifft. Schon seit einiger Zeit weiß man, dass gerade die ersten Erfahrungen, die ein junges Pferd bei der Zusammenarbeit mit dem Menschen macht, von prägender Bedeutung sein können. Aus diesem Grund schätzt man heute ein solides Basistraining, weil es ein Fundament ist, auf das man immer wieder zurückgreift.




 

Sinnvoll eingesetzte Bodenarbeit kann dazu beitragen, dass wir es beim Anreiten eines Pferdes deutlich leichter haben, indem das Pferd eine gewisse Routine aus der Bodenarbeit unter dem Sattel nutzen kann. Jedoch erlebe ich immer wieder, dass hier zwei elementare Dinge verwechselt werden: Sicherlich tragen die meisten Übungen vom Boden dazu bei, eine bessere Kommunikation mit dem Pferd zu erzielen und einen Zugang zu dem Tier zu bekommen. Es gibt jedoch Übungen, die speziell das Anreiten erleichtern und bestimmte reiterliche Hilfen bereits vom Boden aus simulieren. Diese dienen natürlich auch der besseren Kommunikation. Andererseits gibt es aber auch Übungen, die ausschließlich der Kommunikation dienen und keinen direkten Einfluss auf reiterliche Hilfen haben.

Hierzu ein ganz simples Beispiel: Kürzlich zeigte mir ein Teilnehmer eines meiner Seminare die Übungen, die das Pferd vom Boden aus für das Rückwärts gehen erlernt hatte. Das Pferd konnte bei der „Klapperschlange“ (Wackeln mit dem Seil) beim „Taktschritt“ (Zügiges auf das Pferd zugehen im Soldatenschritt) und bei der „Schere“ (Zwei Gerten die sich in Front des Pferdes kreuzten) rückwärts gehen.

Das Pferd reagierte bei allen Versuchen sensibel und wich nach hinten. Vermutlich hätte dieses Tier auch noch den Schwan, Flamingo und Gabelstapler erlernen können, wenn es dafür Zeichen geben würde. Jedoch fragte ich mich beim Betrachten, welche Variante der Reiter wohl vom Sattel aus bevorzugt, und erkannte bei all diesen sehr sinnvollen Übungen zur Verbesserung der Kommunikation aber keine Parallelen zu reiterlichen Hilfen. Und so war es dann auch – das Pferd ging vom Sattel aus sehr bescheiden rückwärts.

Ziele setzen – auch bei der Bodenarbeit

Aus diesem Grund unterscheide ich Übungen vom Boden und hinterfrage, welchen Zweck sie erfüllen sollen – ob sie „nur“ dem besseren Verständnis zwischen Pferd und Mensch dienen oder ob sie auch Hilfen simulieren. Aus diesem Grund gibt es in meinem Programm nicht viele Übungen vom Boden. Diese sind jedoch zielorientierte und zum größten Teil dem Reiten gewidmet.

„Die Kunst in der vorbereitenden Bodenarbeit liegt darin, die Übungen auch in den Sattel zu transferieren. Leider scheitern viele Leute daran, die sich eigentlich eine beeindruckende Kommunikation vom Boden erarbeitet haben.“

Vertrauen und Respekt gewinnen

Durch sinnvoll angewandte Bodenarbeit versuchen wir, einen Zugang zum Pferd zu bekommen und wollen dem jungen Tier Sicherheit geben. Seine vertraute Herde fehlt ihm, und nun sollten wir versuchen, durch verständliche Signale in die Rolle des schutzbietenden Alphatieres zu schlüpfen.

Für den „Ersten Draht“ zum Pferd bieten sich sinnvolle Übungen vom Boden aus an, die dazu führen sollen, dass wir langfristig ein Vertrauen – Respekt-Verhältnis erzielen und Kontrolle über die einzelnen Körperteile bekommen. Falsch wäre dabei zu glauben, dass wir dieses Vertrauen-Respekt-Verhältnis binnen weniger Minuten erzielen. Natürlich ist es keine Kunst, durch bestimmtes Verhalten ein Pferd dazu zu bringen, dass es dem Menschen nach wenigen Augenblicken folgt. Solche Reaktionen sind jedoch nur Ansätze. Vertrauen bekommen wir erst nach einiger Zeit. Wenn das Pferd sich bei uns geborgen fühlt, gerne mitkommt und dabei mental zufrieden bleibt, können wir von Vertrauen sprechen. Es ist ein Prozess und es gehört sehr viel Horsemanship dazu.

Alphatiere kontrollieren rangniedere Tiere in ihrer Bewegung, geben die Fluchtrichtung vor, überqueren als erstes einen Fluss und verteidigen die Herde an der Front. Dadurch bieten sie den rangniederen Tieren einen Schutzraum, in dem „mentale Zufriedenheit“ herrscht. Als Gegenleistung beanspruchen Alphatiere Platz, nehmen sich die beste Futterstelle oder trinken zuerst.

Das heißt: Gelingt es uns, die Bewegungsrichtung des Jungpferdes zu bestimmen und es mobil zu machen, haben wir ein erstes Samenkorn in Richtung Respekt gepflanzt. Bieten wir dem Pferd innerhalb der Arbeit Ruhezonen, auf die das Pferd gerne zurückgreift, schaffen wir erstes Vertrauen. Ob man für diese ersten Einheiten nun in einem Roundpen arbeitet oder nur einen Platz zur Verfügung hat, ist nicht entscheidend.

Das erste „Longieren“
Ziel: Das Pferd kontrolliert bewegen, Zugang finden, Aufmerksamkeit fordern und lösen.

Ich beginne meistens am kurzen Bodenarbeitsseil in der Ecke des Reitplatzes. Hier versuche ich das Pferd mobil zu bekommen und die Richtung zu kontrollieren. Eine Verlängerung des Armes in Form einer Gerte ist hier sinnvoll, da manch junges Pferd überreagiert und auch mal versucht, den Treibenden zu kicken. Aber auch unseren „Ottfried Fischer-Typ“ mit seiner Seelenruhe kann ich nun mobiler machen, ohne mehr als er selbst laufen zu müssen. Und falls „Ottfried“ sich dabei im Hals fest macht und die Flucht in der Diagonalen durch den Platz sucht – oder sich das Ganze mehr wie „Drachen steigen lassen“ statt wie ein erster Zugang anfühlt – der holt sich einen Springständer in die Bahn, spannt zwei Longen vom Zaun zum Ständer auf 10m x 10m und hat eine brauchbare Begrenzung.

Hier gilt es, „negative Erfolgserlebnisse“ (unerwünschte Verhaltensweisen, die das Pferd erfolgreich anwendet) für das Pferd zu vermeiden! Ottfried sollte sich also keinesfalls wie seine Vorfahren beim Fuhrmannstag benehmen und alles, was am anderen Ende hängt, wegziehen. Nun versuche ich, das Pferd in kontrollierte Richtung „zur Arbeit“ (vorzugsweise Trab) zu schicken. Wichtig dabei ist es, das Pferd zu beobachten. Anfangs wird es sich vielleicht nicht lösen, wechselt womöglich die Gangarten und wirkt verunsichert. Das ist normal, wird sich aber oft schon nach einigen Minuten bessern und beständiger werden, wenn man nur mehrfach die Woche daran arbeitet. Also versuche ich, das Pferd am Anfang mobil zu halten. Ist das Pferd verspannt und völlig unaufmerksam, muss es noch etwas arbeiten und ich beobachte seine Gestik. Dreht es mir ein Ohr her, schaut zu mir oder widmet mir selbst durch Zufall etwas Aufmerksamkeit, nehme ich sofort dem „treibenden“ Druck weg und biete dem Pferd eine Pause an, indem ich mich ganz entspannt wegdrehe. Oftmals kommt ein Pferd dann schon zu mir und sucht eine Pause. Diese gewähre ich dem Pferd dann, sofern es relaxt dabei wirkt.

Reagiert das Pferd bei der angebotenen Pause mit Unaufmerksamkeit und Unruhe, schicke ich es sofort wieder zur Arbeit und versuche es nach wenigen Runden erneut. Kurz und knapp gesagt: Sucht es seine Artgenossen, wiehert oder zeigt Desinteresse, mache ich es sofort mobil und damit klar, dass ich nun diese Rolle der schutzbietenden Artgenossen übernehme. Ich bewege das Pferd und biete einen Schutzraum zum Entspannen an.

„Bald lernt es, mehr auf meine Signale zu achten. Desinteresse und Unaufmerksamkeit führen zu „mehr Arbeit“; Aufmerksamkeit dagegen zu Pausen und damit zu innerer Losgelassenheit.“

Wenn ich das Pferd anhalten möchte, gibt es für mich zwei Möglichkeiten: Entweder ich schneide ihm den Weg ab, indem ich vor die Schulter trete, oder ich gehe zielstrebig auf die Hüfte des Pferdes zu, habe dabei Kontakt über das Seil zum Kopf und „treibe die Hüfte weg“. Geschieht dies, höre ich sofort auf zu treiben und gewähre eine Pause. Kurz und knapp gesagt, ich halte das Pferd über Position an. Sollte „Ottfried“ nicht wahrgenommen haben, das ich vor seine Schulter treten und will seelenruhig über mich drüber laufen, „erschrecke“ ich ihn bevor es zum Crash mit mir kommt – groß machen, Arme hochreißen und wild mit dem Strick winken! Hält das Pferd an, gebe ich ihm eine Pause, lasse es atmen und streichele es an der Stirn.

Was ich bei dieser Arbeit nicht mache, ist, nur die Stimme einzusetzen, da das Pferd noch gar nicht versteht, was gemeint ist. Es gibt Menschen, die dann ausschließlich „Whow“ oder „Steh“ sagen. Meist läuft das Pferd dann weiter und man hört noch öfters und bis weit in den Abend hinein ein „Steeeeh ... steh jetzt ... brrr ... haaaalt“ u.s.w.. Ich arbeite am Anfang gerne mit Position und gebe parallel, später dann zuerst ein akustisches Kommando.

„Wann immer ich dem Pferd in seiner Ausbildung ein akustisches Signal gebe und das Pferd versteht dieses nicht, muss ich ihm sofort zeigen, was ich meinte.“

Rückwärts
Ziel: Rückwärts als Grundlage für das Anhalten vom Sattel aus mit Sidepull

Eine Übung, die für mich so simpel wie wichtig ist, ist das rückwärts Richten an der Hand über Druck auf die Nase – denn genau so richte ich auch in der Einreitphase vom Sattel aus rückwärts. Wenn das Pferd vom Boden aus gelernt hat, diesem Druck zu weichen, wird es vom Sattel aus die Hilfe besser verstehen und entsprechend reagieren. Deshalb stelle ich mich neben das Pferd, übe etwas Druck auf das Knotenhalfter aus und warte, bis das Pferd die Lösung (nach hinten weichen) findet und belohne wie immer mit Pause. Diese Übung ist zielorientiert und dient als Vorbereitung für das Anhalten vom Sattel aus. Natürlich soll ein Pferd später über feinere Hilfen als über Druck auf der Nase rückwärts treten. Am Anfang seiner Ausbildung brauche ich aber diese Hilfe, die später in Minimalhilfengebung übergeht!

„Für das Anreiten ist es „brotlose Kunst“, wenn jemand „den Schwan vor dem Pferd tanzt“ oder „die Klapperschlange aus dem Sack lässt“, damit es rückwärts geht. Solche Übungen dienen rein der Kommunikation und sollten auch so gesehen werden!“

Schulter weichen lassen
Ziel: Kontrolle der Schulter und Grundlage für die Lenkung vom Sattel aus.

Wenn wir ein Pferd später steuern möchten, so müssen wir Kontrolle über seine Schulter bekommen. Können wir die Schulter (und damit Vorderbeine) seitlich kontrollieren, bekommen wir Lenkung an das Pferd.

„Es ist ein Irrglaube, dass über das Ziehen des Pferdekopfes nach rechts oder links an der Lenkung gearbeitet wird.“

Das wäre der Fall, wenn die Vorderbeine am Kopf angewachsen wären. Da sie sich jedoch unter der Schulter befinden, befindet sich auch hier die „Lenkung“. Deshalb ist es für mich eine wichtige Übung, vom Boden aus lateral die Schulter und damit die Vorderbeine weichen zu lassen. Hierbei stehe ich seitlich am Hals und über etwas Druck aus, bis die Schulter weicht. Später vom Sattel aus sind die Hilfen ähnlich. Das Pferd soll beim Lenken zwischen zwei Zügel gehen und die Schulter soll vom angelegten äußeren Zügel und Schenkel weichen. Deshalb ist auch dies eine brauchbare Übung, die ein Pferd in der Schulter mobil macht und in den Sattel transferiert werden kann. Später übernehmen reiterliche Hilfen den Druck von außen.

Dem direkten Zügel nachgeben lassen
Ziel: Dem direkten Zügel nachgeben, damit sich das Pferd vom Sattel aus leichter stellen lässt.

Damit vom Sattel aus eine Richtungsänderung eingeleitet werden kann und sich das Pferd später in den verschiedensten Lektionen stellen lässt, ist es wichtig, dass ein Pferd dem direkten Zügel nachgibt. Unter Umständen wäre es auch der direkte Zügel, der ein junges Pferd zum Anhalten bringt, falls es mal erschreckt und etwas kopflos reagiert. Manche Leute nennen das den „One Rein Stopp“. Ich persönlich mag ihn nur als „Notbremse“ und nicht als grundlegende Hilfe der ersten Wochen.

Damit aber auch meine Pferde dem direkten Zügel besser nachgeben und sie sich stellen lassen, leiste ich auch hier Vorarbeit vom Boden. Ich stelle mich seitlich neben das Pferd und fordere es auf, dem Zug durch den Führstrick nachzugeben. Diese Übung oft wiederholen – und wie immer ist es wichtig, beim kleinsten Ansatz des Nachgebens selbst den Druck zu minimieren. Sehr bald gibt ein Pferd dann vom Boden aus sehr gut seitlich nach, und wenn ich dann das erste Mal auf dem Pferd sitze und den direkten Zügel des Sidepulls annehme, kommt sofort der Kopf. Es ist eine elementare Grundlage, dass ein Pferd dem direkten Zug nachgibt und erleichtert das Anreiten ungemein. Deshalb arbeite ich auch hier zielorientiert vom Boden für die Kontrolle vom Sattel aus.




Serie Starting Colts
Teil 1: Systematisches und schonendes Training für junge Pferde
Teil 2: Die Voraussetzungen beim Pferd, den Trainingsmöglichkeiten und dem Equipment
Teil 3: Erste Bodenarbeit und Hufe Geben

Fortsetzung folgt…


Quelle:
Stefan Ostiadal


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z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
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