Dr.agr. Dr.agr. habil.
Ines von Butler-Wemken
ist Expertin
für für den Bereich Vererbung/Genetik im wittelsbuerger.com-Expertenforum.
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Bereits in 1992 hat die EU
festgelegt, dass Zuchtorganisationen/ Züchtervereinigungen/
Pferdezuchtverbände nur dann anerkannt werden, wenn die Beziehungen
zwischen der Organisation oder Vereinigung, die das Zuchtbuch
über den Ursprung der Rasse führt und den anderen Organisationen,
die Zuchtbücher für dieselbe Rasse führen, angegeben
werden. Das Zuchtbuch über den Ursprung einer Rasse wird
im Regelfall nur von einer einzigen Zuchtorganisation, dem sogenannten
Ursprungszuchtbuch, in wenigen Ausnahmefällen auch von mehreren
Zuchtorganisationen gemeinsam geführt. Die Züchtervereinigungen
geben zur Anerkennung also an, ob sie das Ursprungszuchtbuch oder
ein Filialzuchtbuch führen. Sinn und Zweck ist eine Harmonisierung,
also die Gleichschaltung von Zuchtmaßnahmen, wozu dann auch
die gegenseitige Anerkennung der Zuchtbucheintragungen und der
ausgestellten Zuchtbuchbescheinigungen zählt.
Nach den EU Vorgaben
soll die Organisation, die das Zuchtbuch über den Ursprung
einer Pferderasse führt, mindestens die folgenden Zucht-Grundsätze
aufstellen:
- Aufzeichnung der
Abstammung und Vorgabe der erforderlichen Ahnenreihen
- Zuchtziel mit Definition/ Festlegung der grundlegenden Zuchtziele
- Kennzeichnung der Pferde
- welche anderen Rassen zur Einkreuzung zugelassen sind
- Unterteilung des Zuchtbuches in Abschnitte, falls die Pferde
nach verschiedenen Kriterien eingetragen oder eingestuft werden.
Für den Fall, dass
eine oder mehrere dieser Grundbedingungen nicht mit den nationalen
Rechtsvorschriften eines EU Staats übereinstimmen sollten,
müssen Ersatzregelungen für den Mitgliedsstaat vorgegeben
werden So kann es hier zukünftig auch notwendig werden, nationale
Rechtsvorgaben zur Kennzeichnung der Pferde zu beachten. Ist bereits
eine EU Zuchtorganisation mit dem „Ursprungszuchtbuch“
für eine Pferderasse amtlich anerkannt, dann kann es kein weiteres
Ursprungszuchtbuch für dieselbe Rasse geben.
Die Organisation mit dem Ursprungszuchtbuch übernimmt damit
Rechte, aber in erheblichem Maße auch Zuchtverantwortung
und Zusatzarbeit. Sie wird die Grund-Bedingungen festlegen und
andere Züchtervereinigungen stets über diese Vorgaben
und ihre Änderungen informieren. Sie soll nach den Vorgaben
der EU Entscheidung „eng“ mit den Filialzuchtbüchern
zusammenarbeiten, insbesondere „um jeglichen Streitigkeiten
zuvorzukommen“. Alle anderen Züchtervereinigungen führen
dann sogenannte „Filialzuchtbücher“ und müssen
die Grundsätze des „Ursprungszuchtbuchs“ einhalten.
Ein direktes Mitspracherecht auf die Vorgaben des „Ursprungszuchtbuches“
haben die Filialzuchtverbände in diesem Fall meist nicht.
Andererseits müssen die Filialzuchtbücher mit ihrer
Zuchtbuchführung von der Ursprungszuchtbuch-Organisation
uneingeschränkt anerkannt werden.
Rein zuchthistorisch gesehen sollte das „Ursprungszuchtbuch“
auch in dem Land geführt werden, indem eine Pferderasse ihren
Ursprung hat. Liegt der Ursprung einer Rasse in einem Staat mit
einer Zuchtorganisation außerhalb der EU findet sich in
den Zuchtbuchordnungen eine Möglichkeit darin, die Zuchtvorgaben
als „Ursprungszuchtbuch“ anzunehmen bzw. in die Zuchtbuchordnung
zu übernehmen, und falls erforderlich, mit den Vorgaben des
hiesigen Gesetzgebers zu ergänzen. Dies trifft zum Beispiel
für die Zucht des Criollos, des Paso Peruano oder für
den Mangalarga Marchador zu, wo die Vorgaben aus Uruguay, Peru
bzw. Brasilien von EU Zuchtverbänden übernommen und
in der Zuchtbuchordnung, falls nötig mit den EU Vorgaben
und den Nationalen Vorgaben zur Leistungsprüfung ergänzt
werden.
Bestehen bereits übergeordnete global arbeitende Zuchtorganisationen,
also Weltzuchtvereinigungen für eine Pferderasse, wie zum
Beispiel für das Arabische Vollblutpferd mit der „World
Arabian Horse Organisation“ so ist dies für das Mitspracherecht
der angeschlossenen Zuchtverbände also besonders günstig
anzusehen. Die Zuchtvorgaben einer solchen Weltzuchtvereinigung
werden dann von den Zuchtverbänden als „Ursprungszuchtbuch“
anerkannt, im Idealfall auch vorab gemeinsam diskutiert und festgelegt.
Eine solche Weltzuchtorganisation erkennt damit zugleich die Zuchtarbeit
(Zuchtbücher und Zuchtbescheinigungen) aller angeschlossenen
Zuchtverbände an.
Will sich ein EU Zuchtverband nicht einem Ursprungszuchtbuch
anschließen, weil die Mitglieder zum Beispiel nicht mit
den Zuchtgrundsätzen des Ursprungszuchtbuchs einverstanden
ist, kann es zu einer Rasseneugründung kommen. Dies war in
den letzten zwei Jahrzehnten in der EU schon recht häufig
der Fall. So lässt das Ursprungszuchtbuch der Shetlandponys
in Großbritannien in seinem Zuchtprogramm zum Beispiel keine
Tigerschecken und keine im Sporttyp stehenden Ponys zu. Die FN
angeschlossenen Zuchtverbände führen daher schon seit
15 Jahren eigenständige Ursprungszuchtbücher mit zwei
neuen Rassenbezeichnungen, dem „Deutschen Part-Bred Shetland
Pony“ und dem „Deutschen Classic Pony“, wo solche
Shetlandponys dann auch zur Eintragung anerkannt werden.
v.Butler-Wemken
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