Der
Umgang mit der Tagesordnung der Mitgliederversammlung sollte bei
Vereinen sehr sorgsam erfolgen. Fehler können zur Anfechtung von
Beschlüssen führen.
§
32 Abs. 1 BGB schreibt vor, dass Beschlüsse der Mitgliederversammlung
nur dann gültig sind, wenn der "Gegenstand der Beschlussfassung"
bei der Einberufung benannt wurde.
Es
gibt also zwei Voraussetzungen, wenn in der Mitgliederversammlung
gültige Beschlüsse gefasst werden sollen:
1. Den Mitgliedern müssen die Tagesordnungspunkte mitgeteilt worden
sein.
2. Die Tagesordnung muss bereits mit der Einberufung der Mitgliederversammlung
bekannt gegeben werden.
Über
nachgereichte Tagesordnungspunkte können also nach der gesetzlichen
Regelung keine gültigen Beschlüsse gefasst werden. Damit will
der Gesetzgeber sicherstellen, dass es jedem Mitglied vorab
möglich ist zu entscheiden, ob die anstehenden Beschlüsse seine
Anwesenheit auf der Mitgliederversammlung erfordern.
Diese
Vorschrift des BGB ist aber "nachgiebig". Die Satzung
kann also etwas anderes bestimmen. Sie kann z.B. zulassen, dass
auch nachgereichte Tagesordnungspunkte beschlussfähig sind.
Weicht die Satzung nicht von der BGB-Regelung ab, ist der Einladung
auf jeden Fall eine Tagesordnung beizufügen.
Aus
der BGB-Regelung folgt, dass mit der Einladung zur Versammlung
eine Sperre für die Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände eintritt.
Anträge zur Tagesordnung mit Beschlussfassung müssen also vor
der Einberufung vorliegen. Grundsätzlich - nach dem BGB - gilt
sogar, dass eine Abänderung der Tagesordnung nach ihrer Bekanntgabe
bei der Einladung nicht mehr möglich ist.
In
vielen Vereinsatzungen finden sich aber Regelungen, die es ermöglichen,
die bei der Einladung zur Mitgliederversammlung vorgelegte Tagesordnung
zu ergänzen. Das bedeutet aber nicht, dass dazu auch gültige
Beschlüsse gefasst werden können. Die Satzung müsste da schon
ausdrücklich und eindeutig klarstellen, dass abweichend von
der BGB-Vorschrift auch über nachträglich ergänzte Tagesordnungspunkte
abgestimmt werden kann. Auch hier gilt aber - jedenfalls wenn
es sich um Satzungsänderungen handelt - dass die Tagesordnungspunkte
so rechtzeitig vor dem Zusammentritt der Mitgliederversammlung
mitgeteilt werden, dass genügend Zeit zu einer sachgerechten
Vorbereitung bleibt. Das gilt grundsätzlich auch für eilbedürftige
Angelegenheiten (BGH, Urteil vom 17.11.1986, II ZR 304/85).
Erlaubt
die Satzung keine spätere Ergänzung der Tagesordnung, können
(und müssen) die Themen natürlich auf der Mitgliederversammlung
diskutiert und beraten werden. Gültige Beschlüsse können dazu
aber nicht erfolgen. Natürlich kann die Mitgliederversammlung
den Vorstand aber anweisen, den entsprechenden Tagesordnungspunkt
auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setzen.
Beachtet
werden sollten aber folgende Einzelfälle:
Bei
einer Satzungsänderung muss in der Regel angegeben werden, welche
Bestimmung geändert werden soll. Empfehlenswert ist die Angabe
der Formulierung der alten und neuen Satzungsregelung.
Bei der geplanten Verhängung von Vereinsstrafen (z. B. Ausschluss
eines Mitglieds) muss der Name des betroffenen Mitglieds angegeben
werden (OLG Brandenburg, Urteil vom 21.02.2006, 11 U 24/05).
Ein Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" erlaubt keine
gültige Beschlussfassung über darunter verhandelte Themen, sondern
nur die Debatte.
Eine Änderung der Tagesordnung in der Mitgliederversammlung
selbst ist möglich. Das gilt aber ohne Satzungsgrundlage nur
für die Streichung von Punkten und die Änderung der Reihenfolge.
Über Anträge zur Tagesordnung sollte abgestimmt werden. In jeden
Fall zulässig sind Änderungen in der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte.
Nach Feststellung der Tagesordnung darf sie aber nur durch Beschluss
der Mitgliederversammlung, nicht des Versammlungsleiters abgeändert
werden.
Es
gilt aber die BGB-Regelung zur Beschlussfassung, falls die Satzung
hiervon nicht abweicht. Es können dann keine gültigen Beschlüsse
gefasst werden, wenn der Beschlussgegenstand nicht schon bei
der Einladung benannt wurde. Neu auf die Tagesordnung gesetzte
Beschlüsse (Dringlichkeitsanträge) können also nur debattiert
werden, ein gültiger Beschluss ist nicht möglich. Die Satzung
(nicht aber eine Geschäftsordnung o. ä.) kann aber eine abweichende
Regelung erlauben.
Autor: RA Frank Richter, www.richterrecht.com
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