Nico
Hörmann ist einer der vier von der EWU ernannten „Reining-Botschafter WEG“ zu den Weltreiterspielen 2006 in
Aachen. Nach dem Gespräch mit
Steffen Breugwaren wir nun
gespannt, wie der 27-jährige gebürtige Hamburger die Entwicklung
der Reining und die Reining-WM
in diesem Jahr einschätzt.
Nico Hörmann nutzte direkt nach dem Abitur die Chance, als
Profi-Trainer in die Szene einzusteigen. Er übernahm im Jahr
2000 die legendäre Flachsberg-Ranch in Schwanewede (bei Bremen),
wo heute rund 40 Pferde im Stalle stehen, von denen er 15
im Training hat. Im Westernstil reitet er seit 1991, vorher
versuchte sich Nico Hörmann auf „Pferden, die kein anderer
reiten wollte“.
Nico,
hast Du schon Dein Hotelzimmer für Aachen gebucht?
Nico
Hörmann: Nein. In der Hinsicht bin ich abergläubisch. Wenn es
klappt, das wäre wunderschön. Sonst fahre ich als Zuschauer hin.
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Du
rechnest Dir aber doch Chancen aus, ins Nationalteam berufen zu
werden?
Nico
Hörmann: Man hat natürlich im Blick, wer für eine Nominierung
in Frage kommt. Ob es aber für einen Platz unter den ersten fünf
Reitern reicht, da braucht es auch ein wenig Glück Und natürlich
müssen dann auch Pferd und Reiter gesund sein. Und die Leistungen
der neuen Saison werden auch eine Rolle spielen. Gleichzeitig
darf und werde ich mir deshalb keinen Druck aufbauen.
Ich
glaube, unter die letzten zehn Reiter für eine mögliche Nominierung
zu kommen, dafür habe ich gute Chancen. Und die Chancen für mich,
unter die besten Fünf zu kommen, sehe ich so bei 50/50. Natürlich
würde damit ein Traum in Erfüllung gehen.4
Dein
bisher größter Erfolg war?
Nico
Hörmann: Sicher der Sieg bei der Deutschen Meisterschaft 2005.
Aber auch die Siege in der Senior Reining
bei der Americana 2002 und 2004 haben
mir sehr geholfen. Und Silber mit der Mannschaft in Manerbio/Italien
natürlich. Ich darf auch sagen, dass mich die Ernennung der FN
und der EWU zum „Reining-Botschafter
WEG“ sehr stolz macht.
Wie
hat Dir die Deutsche Meisterschaft in Sachen Organisation
und Repräsentation gefallen?
Nico
Hörmann: Die EWU und das Messezentrum Bad Salzuflen haben
erneut einen tollen Job gemacht und sich sehr viel Mühe
gegeben. Die Veranstalter hatten für uns Aktive immer ein
offenes Ohr und haben versucht, jeden unserer Wünsche zu
erfüllen. Und das ist umso höher zu bewerten, wenn man bedenkt,
dass das eine Messeveranstaltung war, also nicht in einer
eigentlichen Reitanlage.
Ich
weiß, wie schwer das ist, dann so eine tolle Veranstaltung auf
die Füße zu stellen. Und natürlich freue ich mich auch nicht nur
auf die WM in Aachen, sondern auch schon wieder auf die Deutsche
Meisterschaft erneut in Bad Salzuflen.
Die
Deutsche Meisterschaft hast Du mit Mr
Dual Spring gewonnen. Ist dieser Hengst auch das Pferd, mit dem
Du Dir die meisten Chancen für eine Teilnahme in Aachen ausrechnest?
Nico
Hörmann: Er ist einer meiner zum jetzigen Zeitpunkt zwei Favoriten
für diese Aufgabe. Neben ihm traue ich auch Lil Ruf Cody sehr viel zu. Aber ich habe noch weitere zwei Pferde,
die ich nun ausprobieren werde, zum Beispiel in Leipzig.
Ein
paar mehr Infos bitte zu Deinen „Favoriten-Pferden“.
Nico
Hörmann: Mit Mr Dual Spring habe ich
bereits eine gute Konstanz beweisen dürfen. Ich habe ihn bisher
vier Mal geshowt und dabei jedes Mal
gewonnen. Eine Score von 73,5 war dabei der
„schlechteste“ Score. Mr Dual Spring ist gezogen von Mr
Dual Pep. Der Fuchs ist acht Jahre alt und kommt ursprünglich
aus Italien. Vor mir haben ihn etwa auch
schon Don Boyd und DuanLatimergeshowt.
Auch
Lil Ruf Cody ist ein Sorrel. Dieser Hengst ist sieben Jahre alt und ein Lil Ruf
Peppy-Sohn. Er wurde schon von Ruben van Dorp und Tim McQuay vorgestellt
und hat bisher rund 30.000 Dollar gewonnen.
Und
wie sehen es die Besitzer Deiner Top-Pferde, wollen die alle ihre
Pferde in Aachen dabei haben?
Nico
Hörmann: Die wollen natürlich alle gerne dahin. Es ist ein besonderes
Ziel auch für die Pferdebesitzer. Auf die Entscheidung über die
Reiter-Pferd-Kombinationen für Aachen haben aber letztlich weder
ich noch die Pferde-Besitzer direkten Einfluss. Das ist Sache
des Komitees. Ich kann mich nur durch konstant gute Leistungen
quasi aufdrängen.
Stichwort
„konstante Leistungen“: Wie oft kann denn ein Reining-Pferd im Jahr auf Spitzenniveau vorgestellt werden?
Nico
Hörmann: Ich denke, es ist nicht die Zahl der Starts an sich,
die da ausschlaggebend ist. Sondern entscheidend ist in der Tat,
wie oft ein Pferd hart im Sinne von Geschwindigkeit geshowt
wird. Natürlich kommt es dabei auch individuell auf das Pferd
an, wie gut es so was wegsteckt.
In
der Regel sehe ich aber drei bis vier Starts auf Topniveau als
Grenze. Bei den anderen Starts verlange ich so rund 50 Prozent
der möglichen Leistung. Es ist aber wichtig, den Pferden zu zeigen,
dass es nicht jedes Mal Stress ist, wenn es die Arena betritt.
Ich will dem Pferd auch ein wohltuende Gefühl zukommen lassen,
ein nicht ausgereizter Turnierstart ist durchaus ein positives
Erlebnis für das Pferd.
Warum
ist die Reining so beliebt?
Nico
Hörmann: Das Erfolgsrezept der Reining
liegt in der Einfachheit und in der hohen Attraktivität für die
Zuschauer. Es gibt keinen besonderen Aufwand, um Reining
reiten zu können: Ein Pferd egal welcher Rasse, das Equipment
und natürlich eine Reitarena – und schon kann es losgehen. Das
ist schon ein Unterschied etwa zu den Rinderdisziplinen, die sicher
auch hochattraktiv sind, aber einen ungleich anderen Aufwand und
auch deutlich höhere Kosten beanspruchen. Und auch: Die Bedingungen
für die Reining sind international gleich.
Auch hier sehe ich einen Gegensatz zu den Rinderdisziplinen. Und
zur Attraktivität: Die Reining mit ihren
Stops und Spins ist einfach auch klasse anzusehen. Da haben
Reining-Neulinge kein Problem, locker
eine bis zwei Stunden gespannt zuzusehen.
Wird
die Aachener WM die Entwicklung der Reining
noch mal nach vorne pushen?
Nico
Hörmann: Da bin ich mir ganz sicher, dass Aachen die Reining noch einmal deutlich weiter nach vorne katapultieren
wird. Und dann gibt es später natürlich noch den Traum von einer
Teilnahme an den Olympischen Spielen.
Aber
ich will auch zugleich warnen: Die Reining
darf nicht zu schnell hochgepusht werden.
Alles muss noch ein bisschen wachsen, die Tradition rundherum
muss sorgsam aufgebaut werden. Und wir Aktive und die Funktionäre
müssen sehr genau hinschauen, wie man sich auf so großen internationalen
Turnieren präsentiert. Verläuft das alles in geordneten Bahnen
– und darüber habe ich keine Zweifel – dann wird die Reining
vielleicht auch noch interessanter für andere Menschen.
Nicht
zuletzt auch für finanzkräftige Pferde-Liebhaber, die sich dann
mehr oder vor allem neu in dieser Szene engagieren werden.
Dass
wir keine wilde Cowboy-Rennerei sind, hat sich sicher schon rumgesprochen
und die Teilnahme an den Weltreiterspielen sind
ein immenser Imagegewinn für unseren Reitstil.
Aber
gleichzeitig haben wir sicherlich noch viel zu tun, dieses Image
und unseren Reitstil einer viel größeren Öffentlichkeit bekannt
und vertraut zu machen.
Deswegen
finde ich es natürlich auch so toll, dass sich die EWU mit einer
speziellen Werbekampagne ganz in diesem Sinne engagiert.
Und
wer gewinnt in Aachen?
Nico
Hörmann: Na, ist doch klar: Einer von uns oder ShawnFlarida. Naja, diese Aussage ist nicht ganz ernst zu nehmen. Gewinnen
wollen natürlich alle. Realistisch ist, und da
bin ich mit meiner Meinung ganz eng bei Steffen Breug:
Italien ist nach den bisherigen Ergebnissen bei vergleichbaren
Konkurrenzen die Nation, die wir hinter uns lassen müssen, wenn
wir eine Medaille wollen.
Die
USA und Kanada stehen in der Breite sicherlich vom Papier her
mit einem gewissen Abstand vor uns. Aber auch mit Österreich ist
immer zu rechnen, und keinesfalls unterschätzt werden dürfen Holland,
Frankreich und Schweden.
Aber
ich sage auch: Ich bin schon lange genug im Sport, dass ich an
alles glaube. Auch bei Futurities hat
schön öfters jemand gewonnen, den keiner auf seiner Rechnung hatte
– nur weil er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort einen tollen
Run hatte.
Sagen
wir es mal so: Ich halte einen deutschen Sieg durchaus nicht für
unrealistisch.
Warum
ist die Reining Deine Lieblingsdisziplin?
Nico
Hörmann: Die Reining vereint alle Sachen,
die ich gerne mag: Auf der einen Seite Dynamik und Aggressivität,
und auf der anderen Seite kann mit Raffinesse sehr viel beeinflusst
werden. Es ist diese vermeintliche Widersprüchlichkeit, „harte“
Manöver zu zeigen, die aber gleichzeitig weich
und geschmeidig sind bzw. auch so aussehen.
Und
was ist bei der Reining Dein Lieblingsmanöver?
Nico
Hörmann: Gute Frage, die ist mir noch nicht gestellt worden (lacht
und überlegt):
Eigentlich
die Stops. Damit hatte ich in der Vergangenheit
am wenigsten Schwierigkeiten. Das mag aber auch an der Qualität
der Pferde liegen.
Würdest
Du behaupten, einen eigenen Stil zu repräsentieren?
Nico
Hörmann: Ich weiß von vielen Menschen, die mich gesehen haben,
dass sie meinen, dass meine Pferde etwas mehr durchlässig aussehen
als andere. Tatsächlich ist mir sehr wichtig, dass meine Pferde
entspannt sind. Denn entspannte Pferde sehen in Manövern am besten
aus, und eben nicht gestresste Pferde.
Ich
bevorzuge ruhige Pferde. Der Reiz ist, dass Pferde explodieren
können, wenn ich es will, aber auch ruhig sind, wenn ich es will.
Und dann eben auch nicht nur ruhig aussehen, sondern sich auch
tatsächlich ruhig anfühlen.4
Das
passt zu Deinem Abreiten. Vielfach
kommst
Du da sehr „verhalten“ daher?
Nico
Hörmann: Ja, das stimmt. Vielleicht auch mein Stil. Beim Abreiten
falle ich tatsächlich nicht durch Glanztaten auf. Da gibt es bei
mir wenig Spektakuläres.
Was
muss ein Reiter mitbringen, wenn er Reining
reiten möchte?
Nico
Hörmann: Wichtig ist sicherlich Talent. Das stellt sich schnell
heraus. Das Allerwichtigste aber ist die richtige Einstellung.
Am wenigsten lernen die, die meinen, schon alles zu wissen. Da
mag vielleicht vieles funktionieren, aber das ist dann schnell
ein einziges Ziehen und Zerren am Pferd. Am meisten und am schnellsten
lernen die, die sich eher niedriger als ihr wahres Leistungsniveau
einstufen und viel Offenheit gegenüber neuen Dingen mitbringen.
Auch durch das genaue Beobachten guter Reiter kann vieles gelernt
werden.
Und
wann hat ein Reining-Anfänger seinen
ersten Pokal zu Hause stehen?
Nico
Hörmann: Das hängt entscheidend vom Pferd ab. Das entsprechende
Kleingeld ist da nicht gerade unwichtig. Aber wichtiger ist mir
dieser Aspekt: Als Reiter eine Reining
quasi aus eigener Kraft zu gewinnen, also wirklich den Durchblick
zu haben und sicher zu sein, wie man ein Pferd vorstellt – dafür
veranschlage ich fünf bis sechs Jahre Erfahrung. Vorher kann es
zwar auch schon funktionieren, aber eigentlich weiß der Reiter
dann nicht wirklich, was er eigentlich macht.
Und
wie teuer ist ein Reining-geeignetes
Pferd?
Nico
Hörmann: Es gibt Glückstreffer. Aber ich würde in der Regel ausschließen
wollen, dass man unter 10.000 Euro was Reelles bekommt. Nach oben
gibt es natürlich keine Grenzen.
Wie
schätzt Du die Entwicklung ein, dass ältere Reining-Pferde durch den Stellenwert etwa der Weltmeisterschaft
oder der Deutschen Meisterschaft immer mehr gefördert werden?
Nico
Hörmann: Der Trend zu den älteren Pferden hier bei uns in Europa
ist der Bessere. Wir und unser Publikum haben ein anderes Verständnis
zum Tierschutz als etwa woanders. Entsprechend haben wir uns auch
in diesem Segment vom US-Markt leicht abgekoppelt – und das schadet
uns keineswegs. Es tut uns gut, einen eigenen Markt zu entfalten.
Zu
den Folgen für die Pferde: Das Anreiten der Zweijährigen kann
ein Problem sein. Aber ich sage auch: Einen Hengst sollte man
früher arbeiten als eine Stute oder einen Wallach, damit er einen
gefestigten Charakter hat, wenn es drauf ankommt.
Probleme
treten meistens dreijährig im Spätsommer, also kurz vor einer
Futurity, auf. Dann werden die Pferde
„aufgeschraubt“, um an ihre Leistungsgrenze zu gehen. Ganz wichtig
ist natürlich, nicht durch Medikamente das Leistungsbild zu verfälschen.
Ich
persönlich muss keine Dreijährigen showen.
Leider aber habe ich die Illusion verloren, dass Pferde auch wirklich
erst später ins Training genommen werden, wenn sie nicht früh
gestartet werden sollen. Sie sind stattdessen beim Eintritt ins
Turnierleben nur noch fertiger ausgebildet und entsprechend teurer.
Der
größte Schutz für unsere Pferde ist tatsächlich die konsequente
Förderung der hochkarätigen Turniere für ältere Pferde. Es ist
die für das Pferd beste Entwicklung, wenn Trainer, Besitzer und
Reiter wissen, dass wenn es ganz früh nicht klappt oder man es
auch nicht will, es später noch viele Chancen für großartige Turniererfolge
gibt. Ich merke das schon jetzt bei vielen Kunden, die bei Problemen
sagen: Ok, es gibt ja noch andere Möglichkeiten.
Lieber
Nico, vielen Dank für das interessante Gespräch. Wir wünschen
Dir und Deinen Pferden alles Gute und drücken die Daumen, dass
es mit einer Nominierung für Aachen klappt.